Folge 106: Wo spielen die Rolling Stones ?
Drehbuch: Kim Friese

Dieses Transcript liegt nur als Rohversion vor, das heißt, daß sämtliche Gespräche wiedergegeben wurden, aber die Beschreibungen noch fehlen. Es ist einfach zu lange her, seit ich diese Folge das letzte Mal gesehen habe, um sie vollständig aus dem Kopf rekonstruieren zu können. Ich habe mich daher entschlossen, überhaupt keine Beschreibungen (also Regieanweisungen) hinzuzufügen, sondern diese Aufgabe jemanden zu überlassen, der die Folge auf Video hat. Außerdem bin ich nicht ganz sicher, ob ich die sprechenden Personen immer richtig identifiziert habe.

Wenn Sie dieses Transcript gerne vervollständigen und Ihren Namen im Kopfteil sehen möchten, dann sagen Sie mir Bescheid, downloaden sich die Datei und beginnen einfach.



OPENING TITLES
OPENING SEQUENCE
Es klingelt. Ein Schüler steht an seinem Platz, während die anderen ihn beobachten und die Lehrerin in mißtrauisch anblickt.

SCHÜLER: ... ähm, also hab ich gedacht, da dieser Fernsehkrimi von Indianern handelt, sollte ich ihn mir ansehen ! Auch wenn deshalb die Hausarbeit ausfällt.

ERZÄHLER: Teenagerlogik. Als Sechzehnjährige gingen wir mit dieser Waffe sehr freizügig um.

SCHÜLER: Äh, Sie sagten nämlich, Indianer kommen in unserem Test ran !

LEHRERIN: Und zu welchem Zeitpunkt kam Ihnen dann die Erleuchtung, daß Kojak kein indianischer Name ist ?

SCHÜLER: Ähm ...

[Es klingelt wieder.]

ERZÄHLER: Diese Logik gab es in allen möglichen Varianten.

SCHÜLERIN: [verheult] Ist doch egal, auf wen er steht ! Wer hat schon Lust auf einen festen Freund !

ERZÄHLER: Sie half uns, die harten Augenblicke im Leben zu überstehen.

SCHÜLERIN: Außerdem sind nach dem blöden Knutschen die Haare zerzaust und fettig !

SCHÜLER #2: [verunsichert] Ich versteh diese Panik nicht !

ERZÄHLER: Mit ihr ließen sich auch gelegentliche Aussetzer erklären !

SCHÜLER #2: Wenn Sie nicht wollen, daß in Bio gelacht wird, dann sollten Sie keine Frösche verteilen !

ERZÄHLER: Aber unübertroffen war unsere Logik, wenn es darum ging, ein faszinierendes Gerücht glaubhaft zu machen !

KEVIN: Das ist total lächerlich !

CHUCK: Ich schwöre dir, daß es wahr ist !

KEVIN: So ein Quatsch ! Die Rolling Stones lassen sich nicht mal 300 Meilen von hier blicken !

ERZÄHLER: Es war eine fade Woche im Winter '73 - und so hatte sich das Gerücht wie ein Lauffeuer verbreitet:

CHUCK: Glaub mir doch ! Freitag nacht sind die Stones für einen Auftritt in einem Laden, der Joe's heißt, draußen am Highway 9 !

KEVIN: Klar.

ERZÄHLER: Im ersten Highschooljahr war ich einfach zu oft wilden Gerüchten auf den Leim gegangen.

KEVIN: Das ist unmöglich ! Paul, sag du's ihm !

PAUL: Die Chancen stehen 1 zu einer Million ! Das heißt, du kannst es vergessen !

KEVIN: Genau meine Worte !

ERZÄHLER: Vielleicht war ich ein bißchen zu hart zu ihm, aber jedem, der auch nur einen Funken Intelligenz besaß, mußte doch klar sein ...

[JEFF Billings kommt mit einem Tablett hinzu und setzt sich zu ihnen.]

JEFF: Hey Leute, habt ihr schon von den Stones gehört ?

ERZÄHLER: Aber offenbar war auch ein Funken Intelligenz schon zuviel verlangt.

KEVIN: Ich will nichts davon hören !

JEFF: Schön, es tut mir leid - es war schwachsinnig von mir ! Es ist nur so: Ich hab gehört, früher ist Joe so eine Art sechster Rolling Stone gewesen ...

ERZÄHLER: Na toll ! In meiner Schule regierte der Wahnsinn ! [eine Polizeisirene erklingt] Und in der Vinestreet regierte das Auge des Gesetzes !

[KEVIN sitzt am Steuer, WINNIE neben ihm. JEFF und CHUCK drücken sich auf dem Rücksitz herum.]

JEFF: [flüstert] Ihr seid unzurechnungsfähig !

KEVIN: [gereizt] Halt die Klappe !

POLIZIST: Bitte zeigen Sie Ihren Führerschein !

ERZÄHLER: In so einer Situation mußte natürlich auch ich auf die gute alte Teenagerlogik zurückgreifen !

KEVIN: Sie wissen doch, daß es unmöglich ist, hier das Tempolimit zu überschreiten !

POLIZIST: [ironisch] Ist das wahr ?

KEVIN: Na gut, die Sache ist die ... Noten sind mir ausgesprochen wichtig. Deshalb wollt' ich auch so dringend nach Hause - um zu lernen ... weil ich ... ganz genau weiß, daß ... äh ... sehr viele Verbrecher früher schlechte Noten hatten ... Nun ja, und wenn ... Jugendliche ... bessere Noten kriegen, weil weil sie fleißig lernen ... dann ... gibt es weniger Gangster und Verbrecher ... oder ?

[Der POLIZIST sieht KEVIN so an, als ob er ihn für völlig bescheuert hält. Einen Moment lang herrscht Schweigen.]

JEFF: [als ob ihm die Erleuchtung gekommen ist] Wow ! Ja !

ERZÄHLER: Aber wenn es um Logik geht, erntet man von manchen Begeisterungsstürme, ...

POLIZIST: Ihre Familie ist bestimmt stolz auf Sie ! [reißt einen Strafzettel von seinem Block und hält ihn KEVIN vor die Nase]

ERZÄHLER: ... von anderen einen Strafzettel !

POLIZIST: Schönen Tag noch. [geht]

ERZÄHLER: Was für mich auf eins hinauslief:

[KEVIN startet den Motor.]

JEFF: [ironisch] Ich fand's überzeugend.

ERZÄHLER: Auf die Frage: Wie erklär ich das ...

JACK: [stolz] Es war großartig !

ERZÄHLER: ... meinem Vater.

JACK: Also dieser Kerl kommt rein, mit Cowboyhut und Lederweste und sagt mir, daß er gern 'ne Wagenladung Möbel hätte !

NORMA: Das ist wunderbar, Schatz !

JACK: Die größte Bestellung, die wir je hatten !

ERZÄHLER: Aber an diesem Abend ... hatten die Möbelgötter ein Einsehen mit mir !

KEVIN: [vorsichtig] Dad ?

JACK: [gut gelaunt] Ja ?

ERZÄHLER: [glücklich] Ja ! Das würde ein Spaziergang werden !

KEVIN: [vorsichtig] Du ... du kennst doch dieses gerade Stück in der Vinestreet. [JACK brummt zustimmend.] Na ja, also heute ... fuhr ich ganz genau da lang und ...

JACK: Weißt du, er will ganz offenbar mein bester Freund werden !

NORMA: Das weiß ich schon. Seine Frau rief heute früh an.

JACK: Ach was ?

NORMA: Sie wollen gerne morgen abend mit uns tanzen !

JACK: [überrascht] Oh.

NORMA: [glücklich] Zum Squaredance !

JACK: [verärgert] Was ?! [Eine kurze Akkordeon-Melodie erklingt]

ERZÄHLER: Oh oh !

WAYNE: [mit vollem Mund] Squaredance, ja ?! [lacht; nocheinmal die Melodie]

JACK: [verärgert] Vergiß es, wir gehen nicht dort hin !

ERZÄHLER: Plötzlich änderte sich seine Stimmung schneller, als man in die Hände klatschen und sich einmal drehen kann !

NORMA: Bist du auch sicher, Schatz ? Du mußt dabei ans Geschäft denken !

JACK: Oh Mann ! [WAYNE lacht schadenfroh]

WAYNE: [immitiert einen Song] Nimm deinen Partner, **** ... [Er wartet offensichtlich darauf, daß JACK den Vers beendet, aber er erntet nur einen bösen Blick.] Entschuldige.

JACK: [verärgert, zu KEVIN] Was guckst du so, hä ?

KEVIN: Nur so, Dad.

ERZÄHLER: Ich war vielleicht kriminell, aber ich war nicht so blöd, in dem Moment mein Schicksal herauszufordern !

KEVIN: Es ist nichts.

ERZÄHLER: Das hätte jeder Logik widersprochen ! Apropos ...

JEFF: Hundertprozentige Bestätigung ! Also Brandon Slawinskis Schwester, die ist doch Stewardess, nicht ? Die Frau hat Keith Richards auf 'nem Flug nach New York kennengelernt !

WINNIE: Uh !

CHUCK: [erwartungsvoll] Ja, und weiter ?

KEVIN: Das faß ich einfach nicht !

JEFF: Jedenfalls waren sie dann in New York zusammen einen trinken ! Mehrere. Und jetzt sind die Stones wieder da, nach 'ner Auslandstournee - und wenn will Keith Richards nun sehen ?!

WINNIE: Shirley !

CHUCK: Slawinski !

JEFF: Voilà !

ERZÄHLER: Ich hatte genug ! Ich war die letzte Bastion der Vernunft !

KEVIN: Was ?! Seid ihr vollkommen durchgedreht ?!

WINNIE: Ich weiß nicht, warum du so'n Aufstand machst !

KEVIN: Hä ?

WINNIE: Na was ist denn, wenn sie wirklich hier spielen ? [schwärmend] Wär es nicht super, wenn wir dabei wären ?

ERZÄHLER: Man darf nicht vergessen, daß sie meine Freundin war, meine einzige wahre Liebe !

[Sanfte Musik erklingt, während WINNIE spricht.]

WINNIE: Stell dir vor, Kevin: Ein Abend, an den wir zwei uns noch ewig erinnern werden, von dem wir vielleicht irgendwann unseren Kindern berichten !

KEVIN: [horcht auf; leise] Unseren Kindern ?

ERZÄHLER: Als sie in ihren Träumen von Wundern, von magischen Nächten und Kindern versank, ...

WINNIE: Das zu versäumen könnte ich niemals riskieren !

ERZÄHLER: ... was konnte ich diesen großen braunen Augen da erwidern, außer ... [die Musik hat geendet]

KEVIN: [zu allen] Wer zahlt das Benzin ?

ERZÄHLER: In der Sache steckte eine gewisse Logik. Und was hatte ich schon zu verlieren ?!

[NORMA klopft an die Tür und kommt herein. Sie hält den Strafzettel in der Hand.]

NORMA: [unsicher] Kevin, könnte das dir gehören ?

ERZÄHLER: ... außer meinem Leben !

NORMA: Es war in der Wäsche und ...

JACK: Was ? [nimmt den Zettel] **** Was ist denn das ?

KEVIN: Das ist ... gar nichts ! Es ist ...

JACK: Ein Strafzettel ! Ist das etwa deiner ?!

KEVIN: Äh, nicht das ich wüßte.

JACK: Hier steht aber dein Name !

KEVIN: Oh ja, dann ... ist es meiner !

JACK: Willst du mir nicht was erzählen ?!

ERZÄHLER: N...nein !

KEVIN: [in die Enge getrieben] Na ja, Dad, du kennst doch die Vinestreet ... da, da fährt einfach jeder zu schnell !

WAYNE: Ja. Außer mir !

JACK: Halt dich da raus, Wayne ! [WAYNE lacht schadenfroh] Also, was ist passiert ?

KEVIN: Äh, na ja ... Es gibt Strafzettel, die echt unfair sind !

JACK: Ja. Da hast du recht. Und - wie schnell bist du nun gefahren ?

KEVIN: Genau darum geht's doch ! Ich sag dir, der Polizist hatte nicht mal 'n Radar ! Er hat einfach geschätzt !

JACK: Raus damit, Kev ! Wie schnell ?

ERZÄHLER: Ich dachte, na ja, er ist mein Vater - er hat bestimmt auch schon oft Mist gebaut, er versteht das !

JACK: [ruhig] Los, sag mir die Wahrheit !

ERZÄHLER: Und obwohl die Logik geradezu schrie, ich solle es nicht tun, ...

KEVIN: 50. Nicht mehr !

ERZÄHLER: ... ging ich das Risiko ein.

JACK: [schockiert] 50 !! In einer 30-Meilen-Zone ! Du hast Hausarrest !

ERZÄHLER: Ich hatte mich vielleicht etwas verkalkuliert.

KEVIN: [ruft hinterher] Können wir nicht wenigstens darüber reden ?

JACK: [brüllt] Da gibt es nichts zu bereden ! Ich will jetzt nichts mehr hören !

KEVIN: Ich kann heut nicht zuhause sitzen !

JACK: Wieso nicht ?

ERZÄHLER: Ich wußte, ich mußte den Zauber wirken lassen - so wie Winnie ! Es ging hier nicht um irgendeinen^ Abend - es ging um unsere Träume, um unsere Kinder !

KEVIN: Die Rolling Stones spielen in irgendeinem Laden namens Joe's. [JACK sieht ihn überrascht an]

ERZÄHLER: [abwartend] Mmh. Wenn dieser rührende Appell noch nicht genügte, ...

[Eine Melodie ertönt vom Vorgarten her.]

WAYNE: Was war das ?? [Von draußen ist ein Mann zu hören, der "Hallo Arnold !" ruft. WAYNE geht zum Fenster und guckt hinaus.] Hey Dad, [kichert] die Leute von der ****-Ranch sind da !

JACK: [enttäuscht] Prima ! [öffnet die Tür]

KEVIN: Also ... Dad, was ist jetzt ?

JACK: [gereizt] Kevin, ich werd heut zum Squaredance gehen ! Und wehe, ich komme nach Hause und dein Wagen wurde auch bloß einen Zentimeter von seinem Ölfleck wegbewegt !

ERZÄHLER: Irgendwie hatte ich das Gefühl, daß er es genauso meinte, wie er es gesagt hatte ! Und er bekräftigte es sogar, in Zeichensprache ! [JACK zeigt mit Daumen und Zeigefinger ungefähr einen Zentimeter Abstand und hebt dann warnend den Zeigefinger. Dann geht er.]

WAYNE: Also dann. Mach's gut, Kröte. Und viel Vergnügen ! [lacht]

KEVIN: [zu sich selbst] Ja.

ERZÄHLER: Darauf konnte ich nichts mehr sagen, außer ...

KEVIN: [am Telefon] Hallo ? Mrs. Cooper ? Ist Winnie da ?

ERZÄHLER: Mir blieb nichts anderes übrig: Ich mußte absagen ! [KEVIN wartet, daß WINNIE ans Telefon geht und sucht solange im Kühlschrank nach etwas Eßbarem.] Und da entdeckte ich, daß ein großes Unheil im Anmarsch war ! Ein Ereignis von monumentaler Bedeutung ! Eine potentielle Katastrophe, die das ganze Universum aus der Bahn werfen konnte ! Denn ...

KEVIN: [erschüttert] Unsere Milch ist alle !

ERZÄHLER: ... unsere Milch war alle ! Aber es war nicht nur so, daß unsere Milch alle war - mein Vater würde einen Anfall kriegen, wenn er am nächsten Morgen nicht seine Cornflakes bekam ! Soetwas konnte kein Zufall sein !

WINNIE: [am Telefon; besorgt] Kevin ?

ERZÄHLER: Hier waren irgendwelche Mächte am Werk, ...

WINNIE: Hallo ?

ERZÄHLER: ... Mächte, die wollten, daß ich losfahre und ...

WINNIE: Kevin !

KEVIN: Winnie ? Ich komme dich in 10 Minuten abholen ! [legt auf]

[Ein Motor startet.]

ERZÄHLER: Na gut - ich würde die Milch später holen. Dann war sie nämlich frischer ! Ich wollte mich ja meinem Vater nicht widersetzen, aber er brauchte die Milch für seine morgendlichen Cornflakes ! Und auch wenn das die Teenagerlogik bis an die äußersten Grenzen strapazierte: Er hatte ausdrücklich gesagt, ich dürfe nicht mit meinem Auto fahren !

[KEVIN, WINNIE, JEFF, PAUL und CHUCK sitzen wieder im Auto. Es ist spät am Abend und das Radio dröhnt in JACKs Wagen, der auf einem Highway durch die Dunkelheit rast.]

ERZÄHLER: Also waren wir später am Abend in einem halbgestohlenen Auto unterwegs zum größten Ereignis unseres Lebens: Meine Freundin, ich - und die Marx-Brothers.

CHUCK: [mit vollem Mund] Wollt ihr was abhaben ?

KEVIN: [gereizt] Im Auto wird nicht gegessen !

CHUCK: [gut gelaunt] Wir essen nicht - wir naschen nur ! Hier. [reicht WINNIE ein Stück Schokolade (?)] Hoppla !

KEVIN: Echt klasse gemacht !

JEFF: Nun hab dich nicht so, Kevin, lach doch mal !

PAUL: Ja, was soll's - ist doch nicht dein Wagen !

ERZÄHLER: Klasse ! Ich machte mir Sorgen um den Wagen meines Vaters, und meine Freunde verwandelten ihn in eine Absteige auf Rädern !

KEVIN: Ich weiß ja nicht mal, wo der Schuppen ist !

JEFF: Kurz hinter Hinkley.

KEVIN: Hinkley ?! Das ist 'ne Stunde entfernt ! Oh nein ! Ich fahr auf keinen Fall nach Hinkley !

PAUL: Was hast du denn erwartet, Kev ? Daß die Rolling Stones in eurem Haus auftreten ?! [er, CHUCK und JEFF kichern]

KEVIN: Nein Paul, eigentlich erwarte ich gar nicht, daß sie irgendwo auftreten !

ERZÄHLER: Na toll ! Da versucht man, ein bißchen erwachsen zu sein, und schon ist man der Buhmann !

KEVIN: [gibt nach] Okay, wir fahren nach Hinkley ! [die anderen lachen fröhlich]

ERZÄHLER: Ich steckte schon so tief in dieser Sache drin ! Also kamen wir 47 Meilen, drei Pinkelpausen und eine halbe Tonne Studentenfutter später, endlich an ! [atmet auf]

CHUCK: Da sind wir ! Joe's Kneipe.

ERZÄHLER: Es gab nur ein kleines Problem:

MANN: Die Rolling was ?!

CHUCK: Nicht die Rolling Was ! Die Rolling Stones !

MANN: [ruft] Hey Joe ! Sag mal, kommen die Rolling Stones heute hierher ?

JOE (?): Die Rolling was ?!

MANN: [zu CHUCK] Sieht nicht so aus.

ERZÄHLER: Mit der ersten groben Enttäuschung des Abends konfrontiert, taten wir das, was heißblütige Teenager am allerbesten können:

KEVIN: [schimpft] Sagt bloß, wir fahren über eine Stunde her - und es kommen keine Rolling Stones ?!

ERZÄHLER: Wir stritten uns.

JEFF: Was fragst du das mich ? Ist das meine Schuld ?!

ERZÄHLER: Daraufhin reichten wir den Schwarzen Peter weiter.

WINNIE: Was denn ?! Ich bin auch nicht schuld !

ERZÄHLER: Dann zeigten wir mit Fingern auf einander !

PAUL: Ich auch nicht ! Es war Chuck !

[CHUCK hat sich währenddessen ein Telefonbuch geschnappt.]

CHUCK: Hey Leute, seht nur ! Da stehen noch massenhaft Joes drin ! [reißt die Seite aus dem Telefonbuch]

MANN: [ruft] Hey, du ! Das ist mein Telefonbuch !

JEFF: Äh, dann gehen wir wohl lieber ! [rennt los, die anderen hinterher]

MANN: Hier geblieben !

[Der MANN springt über die Theke, ist jedoch etwas zu schwer und zu langsam. Er kommt nicht viel weiter ...]

CHUCK: Nun mach schon ! Gib Gas !

ERZÄHLER: Und damit waren wir wieder unterwegs, um unsere Mission zu erfüllen ! [Eine Polizeisirene ertönt.] Allerdings hatten wir diesmal ... Gesellschaft.

POLIZIST: [über Lautsprecher] Fahren Sie bitte rechts ran !

KEVIN: [mehr zu sich selbst] Das glaub ich einfach nicht !

CHUCK: Auch das noch ! [sieht sich schuldbewußt um - knüllt das Blatt zusammen und schiebt es sich in den Mund. JEFF und PAUL sehen ihn angeekelt an]

ERZÄHLER: Es war fast eine Ironie des Schicksals: Wir waren um die halbe Welt gefahren, um jetzt wegen Diebstahls der Seite 219 des Branchenfernsprechbuches verhaftet zu werden !

POLIZIST: [zu KEVIN] Das war ja ein ziemlicher Kavaliersstart, stimmt's, Kumpel ?

KEVIN: Äh .... nein, Sir. Ich ... ich meine ... ja, Sir.

POLIZIST: [freundlich] Darf ich deinen Führerschein mal sehen ?

ERZÄHLER: Da konnte mir nicht mal die schlüssigste Logik raushelfen ! Ich war erledigt ! Tot !

WINNIE: [beugt sich zum Fahrerfenster vor] Officer ? Ich kann Ihnen das erklären.

ERZÄHLER: Das heißt, bis ...

WINNIE: Das ist alles meine Schuld. Kevin ist der beste Fahrer, den wir kennen und er wollte eigentlich zuhause bleiben, aber er wußte, daß wir dann vielleicht mit einem anderen, der ... grauenvoll fährt, den ganzen weiten Weg zu meiner Großmutter ins Krankenhaus fahren müssen ... und er hatte bloß Angst, daß könnte mit einem furchtbaren Unfall enden - wer weiß ?! Dann hätte er sich bestimmt bis in alle Ewigkeit gefragt, was gewesen wäre, wenn er uns gefahren hätte !

ERZÄHLER: Das war das am leichtesten durchschaubare, unglaubwürdigste, plumpeste Stück Teenagerlogik, daß ich je in meinem Leben gehört hatte !

POLIZIST: [freundlich] Ach so ist das. Ich verstehe. [zu KEVIN] Dann fahr vorsichtig, mein Sohn !

ERZÄHLER: [überrascht] Und er hatte es ihr abgekauft !

KEVIN: Ja, Sir.

POLIZIST: Fahr die junge Dame sicher ans Ziel ! [zu WINNIE] Und du, grüß deine Großmutter ! [lächelt]

ERZÄHLER: Es war erstaunlich ! Es war unglaublich ! Es war unmöglich !!

[Der POLIZIST kehrt zu seinem Streifenwagen zurück. WINNIE ist selbst überrascht, und die anderen lachen verwirrt. CHUCK holt Seite 219 wieder aus seinem Mund ...]

ERZÄHLER: Und plötzlich war klar, daß das wirklich ein besonderer Abend war ! Es war wohl Schicksal ! Etwas Magisches erwartete uns ! Wir fuhren von Smoky Joe's zu Billy Joe's, Joe Joe's und Ho Joe's - wir gaben nicht auf ! Denn es gab nur noch eine Schlußfolgerung: Die Rolling Stones ...

CHUCK: [glücklich] Ich wußte es ! Ich wußte es !

ERZÄHLER: ... waren bei Wally's !

[Dort warten bereits hunderte Teenager.]

ERZÄHLER: Wir hatten es gefunden. Es war phantastisch ! Unser eigenes ... Woodstock !

WINNIE: [glücklich] Ich hab's dir gesagt, Kevin, oder ?!

KEVIN: Ja !

ERZÄHLER: Uns allen war klar, daß dieser Abend das zentrale Ereignis unserer Jugend werden würde. Das war unser großer Moment ! Wir waren dabei !

[Die Masse ruft inzwischen erwartungsvoll "Mick, Mick, Mick !" Schließlich wird die Tür aufgerissen. Einige Mädchen kreischen los, andere rufen "Da ist er!" - aber bisher ist niemand zu sehen. Schließlich taucht ein älterer Herr mit wutentbranntem Gesicht und einem Megaphon vor ihnen auf.]

KEVIN: [verwirrt] Wer ist das ?

ERZÄHLER: Es war natürlich nicht Mick ! Es war Wally !

WALLY: [über Megaphon] Hört gefälligst zu - noch einmal werd ich's euch nämlich nicht sagen ! [sofort herrscht Schweigen]

ERZÄHLER: Mit seinem Megaphon.

WALLY: Die Rolling Stones sind nicht hier ! Und sie kommen auch nicht !

[Laute Enttäuschung.]

ERZÄHLER: Wally sagte uns absolut unmißverständlich, daß das krönende Ereignis unserer Jugend ...

WALLY: Die einzigen, die hier gleich auftauchen, sind die Bullen ! [noch lautere Enttäuschung]

ERZÄHLER: ... eine Pleite war.

WINNIE: [enttäuscht] Es tut mir wirklich leid, Kevin.

KEVIN: [lächelt] Ach was soll's - vergiß es !

ERZÄHLER: Es war der falsche Augenblick, um jemandem ein "Ich hab's gleich gewußt !" unter die Nase zu reiben !

WINNIE: Nein, du hast von Anfang an gewußt, wie albern das Gerücht ist !

KEVIN: Das macht nichts. Wir waren zusammen hier, wir hatten einen Riesenspaß - warum sollen wir uns ärgern ?! Stimmt's, Jungs ?

ERZÄHLER: Ich fühlte mich gut. Ich war großzügig, ich war lässig. Ich war ...

[KEVIN startet den Motor und fährt los - nur leider rückwärts und in eine fremde Stoßstange hinein !]

ERZÄHLER: [verärgert] ... ein Idiot !! Plötzlich war's mit meinem guten Willen vorbei.

KEVIN: [tritt gegen die Stoßstange von JACKs Wagen] Seht euch diesen Mist an !

CHUCK: Hey, Kevin, wir sind nicht gefahren !

ERZÄHLER: Auch die Großzügigkeit war verflogen !

KEVIN: Oh nein ! Ich bin gefahren ! Und weswegen ?!

ERZÄHLER: Ich war außer mir vor Wut !

KEVIN: Weil ich vollkommen bescheuert war ! Ich wußte, daß die Rolling Stones niemals auftauchen !

[Er tritt noch einmal gegen die Stoßstange - die scheppernd zu Boden fällt.]

ERZÄHLER: Ich war stocksauer ! [leiser] Und mein Fuß tat verdammt weh ! - Auf der Fahrt nach Hause waren wir alle ziemlich mies drauf. Jeder hing seinen Gedanken über verpaßte Gelegenheiten nach. Ich dagegen hatte bloß einen Gedanken: Während der Rest der Welt auf's College gehen, Karrieren aufbauen, Familien gründen, seinen Weg im Leben machen würde, ... erwartete mich bis Ende der 70er Jahre Hausarrest !

[KEVIN kommt nach Hause.]

ERZÄHLER: Seien wir ehrlich: Ich war ein junger Mann ohne Zukunft. Und nicht nur das: [KEVIN blickt in den Kühlschrank] Die Milch hatte ich auch noch vergessen !

[KEVIN schlägt die Kühlschranktür verärgert zu. Von weitem ist bereits die dämliche Melodie von vorhin - eine Autohupe - zu hören.]

ERZÄHLER: Mein Schicksal hing an der hinteren Stoßstange meines Vaters. Sobald er die sah, würde mir keine Geschichte, kein Märchen, nicht mal alle Logik der Welt helfen ! Nichts konnte mich noch retten. [Das Geräusch des Motors wird lauter und endet mit einem lauten Knall und einem Scheppern !] Außer ... [KEVIN rennt hinaus: Die hintere Stoßstange von JACKs Wagen liegt in der Einfahrt, die Erwachsenen stehen sprachlos um sie herum.] Es war unfaßbar ! Das Heck bestand nur noch aus verbogenem Metall und gebrochenen Trägern !

COWBOY: Da habe ich den Vogel abgeschossen ! Ich sollte wohl langsam lernen, mit dem Witzeerzählen aufzuhören, wenn es Zeit wird, auf die Bremse zu treten.

JACK: [benommen] Ja.

ERZÄHLER: In einem einzigen ungeschickten Moment hatte mir der Cowboy mein Leben zurückgegeben !

COWBOY: Ich möchte wetten, der Wagen ist Ihr ganzer Stolz ?!

JACK: [fast flüsternd] Ja.

ERZÄHLER: Ich versuche, die passenden Worte zu finden.

KEVIN: Das ist wirklich schade.

JACK: Ja.

COWBOY: Ich sag Ihnen was: Ich werde mich für den Unfall auf meine Art revanchieren: Wir müssen nämlich unser Landhaus im Norden dringend neu einrichten - wir kaufen Ihnen alle Möbel ab, die sie uns bauen können !

JACK: [zögert] Na... Was ist schon 'ne blöde Beule unter Freunden ?!

ERZÄHLER: Und so einfach ...

COWBOY: Ich bin erleichtert, daß Sie das so sehen wie ich.

JACK: Ach, natürlich ! Also, was diese Möbel angeht: ...

ERZÄHLER: ... verwandelte sich das Unglück meines Vaters in Bares. Aber in Wirklichkeit war dieser Kerl nicht allein schuld. Ich konnte mir nicht helfen - irgendwie hatte ich ein schlechtes Gewissen.

NORMA: [leise zu KEVIN] Weißt du, irgendwie habe ich ein schlechtes Gewissen.

KEVIN: Wieso denn ?!

NORMA: Die Sache ist die: Ich weiß, daß der Wagen schon vorher einen Schaden hatte.

ERZÄHLER: Oh oh !

NORMA: Ich habe gestern die Mauer vor'm Supermarkt angefahren.

ERZÄHLER: Und da merkte ich, daß es auf dieser Welt jede Menge Formen von Logik gibt.

KEVIN: Wieso hast du nichts gesagt ?

NORMA: Keine Ahnung, ich ... ich dachte, daß ... daß es vielleicht niemandem auffällt. [zur Frau des Cowboys] Wir haben uns wunderbar amüsiert, Betty !

ERZÄHLER: Und viele davon ergeben keinen Sinn ! An diesem Abend hatte ich, von der Macht der Teenagerlogik getrieben, das Auto meines Vaters gestohlen, hatte eine Begegnung mit der Polizei gehabt, einen Streit mit meinen Freunden und einen Unfall - alles in allem war das echt ein toller Abend ! Auch ohne die Rolling Stones.

[Überblendung zu einem Kleinbus, der in der Nähe des Joe's steht. Ein Mikrophon quietscht, ein Drums ist zu hören, und eine Stimme: "Hey Joe, ich brauch mal ein bißchen mehr Lautstärke !" Die Musik wird lauter, und die ersten paar Takte eines Songs beginnen: "Brown Sugar" - von den Rolling Stones.]

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09/10/01 19:50