Folge 54: Paul's Sieg
Drehbuch: David Chambers
OPENING TITLES
Ein Footballspiel auf einem Schwarzweißfernseher.
STATIONSPRECHER: Es ist unglaublich ! DiMarcio hat 56 Spiele hintereinander geschafft !
ERZÄHLER: Im Sport gibt es viele großartige Rekorde: Rocky Marciano erkämpte sich 49 Mal hintereinander den Sieg im Schwergewicht; die University of Oklahoma gewann 47 College-Footballspiele in Serie. Aber in den Analen des Sports gab es einen Rekord, der alle anderen übertraf, einen Rekord, der bis in alle Ewigkeit ungebrochen bleiben sollte !
EXT. NACHMITTAG. GARAGE
Ein Basketball fällt durch den Korb, der über dem Garagentor angebracht ist.
KEVIN: [immitiert einen Sprecher] Arnold gewinnt ! Das Stadion ist außer sich ! [immitiert tosenden Applaus]
ERZÄHLER: Soweit ich mich erinnern kann, hatte ich Paul Pfeiffer 788 Mal hintereinander beim Basketball besiegt ! Äh, plusminus hundert.
PAUL: Noch ein Spiel, Kevin ?
KEVIN: Gut ! [wirft ihm den Ball zu] Verlierer fängt an. [sie spieler weiter]
ERZÄHLER: Ich war seit dem Kindergarten auf der Gewinnerstraße. Vielleicht sogar länger.
PAUL: [kommentiert] Das Spiel ist noch ganz frisch ! Hondo dribbelt den Ball nach vorn - das sieht gut aus, wirklich ! Er täuscht links, er täuscht rechts - und geht links vorbei !
ERZÄHLER: Ich war nicht gerade der Supercrack - sagen wir's so: Ich war ich. Paul dagegen, Paul war ... Paul.
KEVIN: Zwei zu null für mich.
PAUL: Okay, Schluß damit. Jetzt machen wir ernst.
KEVIN: Wirklich ?
PAUL: Klar, auf geht's !
ERZÄHLER: Aber wir wußten es beide besser: Uns war klar, daß sich manche Dinge nie ändern. Beim Basketball ...
KEVIN: Er nimmt ihm den Ball ab !
ERZÄHLER: ... und in unserer Freundschaft ...
KEVIN: Korbwurf aus der Ecke !
ERZÄHLER: ... bestimmte ich das Spiel.
INT. VORMITTAG. SPORTHALLE
Coach CUTLIPs Trillerpfeiffe ertönt. Er selbst steht, mit einem Stück weißer Kreide spielend, vor einer sauberen Tafel. Die Schüler sitzen in drei Reihen auf Bänken vor ihm.
CUTLIP: Männer ! Reden wir über eine ... einmalige Chance, die einmalige Chance etwas zu machen, etwas Bedeutendes, ... wirklich Bedeutendes ! Bedeutender als wir alle ! Gentlemen ... die Basketballausscheidungen fangen heute nachmittag an. [Die Klasse murrt.] Wer würde gern spielen ? [Noch lauteres Murren.]
ERZÄHLER: Normalerweise wäre jeder Junge ganz scharf darauf, in der Schulmannschaft Basketball zu spielen ...
CUTLIP: Na, Jungs !
ERZÄHLER: ... - in jeder anderen Schule, ...
CUTLIP: Niemand ?
ERZÄHLER: ... in jeder anderen Stadt - für jeden anderen Trainer !
KEVIN: [leise] Glaubt er, da meldet sich jemand ?
RANDY: Ich spiel auf keinen Fall für diese Witzfigur !
CUTLIP: Kisley, vielleicht willst du ! [er schreibt den Namen an; der Junge stöhnt leise auf]
ERZÄHLER: In Ed Cutlips Welt wurden Freiwillige nicht geboren - ...
CUTLIP: Was ist mit uns, Hill ?
ERZÄHLER: ... sondern bestimmt !
CUTLIP: Martensen ! [schreibt auch diesen Namen an; auch Martensen kann seine Enttäuschung nicht verbergen] Steel !
ERZÄHLER: Man fragte sich, ob die Mannschaften in Rußland auch so aufgestellt wurden !
CUTLIP: Sonst noch einer ?
[CUTLIP blickt sich um. Die meisten Schüler blicken geflissentlich zu Boden oder an irgendeine Wand - KEVIN bückt sich hinter seinem Vordermann.]
PAUL: [leise] Was tust du da ?
KEVIN: Pscht !!
ERZÄHLER: Es mochte Weisheit sein - oder Feigheit. Ich wußte nur eins: Dieser Kugel würde ich ausweichen.
CUTLIP: Pfeiffer !
ERZÄHLER: Unglücklicherweise wurde Paul voll von ihr erwischt !
PAUL: [ungläubig, verwirrt] Wer, ich ? Warum ich ?
INT. VORMITTAG. UMKLEIDERAUM
KEVIN: Keine Ahnung. Vermutlich hat er dich mit jemand verwechselt.
PAUL: [blickt KEVIN schief an] Hä ?
ERZÄHLER: Armer Kerl ! Er war ein Opfer des Systems geworden.
KEVIN: [ermunternd] Bloß keine Panik ! Irgendwie boxen wir dich da schon raus.
CUTLIP: [kommt herein] Äh, Männer !
KEVIN: Äh, hallo Coach !
CUTLIP: [freundlich] Also, Pfeiffer, dann sehen wir uns wohl heute bei der Ausscheidung ?
ERZÄHLER: Gut. Es war klar, daß dieser Junge Hilfe brauchte.
KEVIN: Äh, das klappt nicht ! [denkt angestrengt nach] Er hat nämlich ... Fagottunterricht ! Nach der Schule.
[PAUL und Coach CUTLIP sehen KEVIN beide verdutzt an.]
CUTLIP: Mmh ! [zu PAUL, etwas ironisch] Du bist also Fagottspieler !
PAUL: Nein, bin ich nicht. Ich komm natürlich, Coach.
CUTLIP: Ja, so mag ich das ! [geht]
KEVIN: [völlig überrascht] Paul, wieso tust du das ?!
PAUL: Na, ich weiß auch nicht - er hat mich gefragt !
KEVIN: Ach, komm schon, Paul, laß die Scherze !
PAUL: Was willst du damit sagen ?!
KEVIN: Du möchtest doch nicht wirklich zu diesen Ausscheidungen, oder ?! [keine Antwort] Vertrau mir, das kannst du nicht wollen ! Seien wir mal ehrlich: Dieser Gedanke ist doch zum totlachen !
PAUL: [sieht ihn nachdenklich an] Vielleicht hast du recht. Vielleicht ist es wirklich blöd.
ERZÄHLER: Natürlich war es blöd ! Paul Pfeiffer in der Basketballmannschaft - das war, als wollte Goofy beim FBI anfangen !
INT. NACHMITTAG. WOODYS PIZZA-PARADIES
PAUL kommt mit einigen Jungen aus der Mannschaft plaudernd herein. WINNIE und KEVIN, mit Colagläsern an einem der Tische sitzend, blicken ihm nach, als er mit den anderen näherkommt. Laute Musik dröhnt im Hintergrund.
PAUL: Ja, das war wirklich witzig. **** könnte man sich glatt gewöhnen !
KEVIN: [verdutzt, mehr zu sich selbst] Das glaub ich einfach nicht !
WINNIE: [fröhlich] Hi Paul !
PAUL: [zu den Jungs] Also dann ! [zu WINNIE und KEVIN] Na ihr ?
KEVIN: Wo bist du gewesen ?
PAUL: Ich, ähm, ich war ... ich habe etwas gemacht.
KEVIN: Aha. Und zwar den Test fürs Basketballteam.
PAUL: Ja.
WINNIE: Wirklich ? Ging es denn gut ?
ERZÄHLER: Als ob wir das nicht schon vorher wußten ! Man hatte ihn am Boden zerstört !
PAUL: Es lief nicht schlecht, glaub ich. Das sagt Coach Cutlip jedenfalls.
KEVIN: Das ist 'n Scherz ?
PAUL: Oh, in der Mannschaft bin ich natürlich bis jetzt noch nicht, aber ... soweit so gut !
WINNIE: Also ich find das toll ! Ich bin unheimlich stolz auf dich ! [zu KEVIN] Du bist doch wohl auch stolz, oder ?
KEVIN: Ah ... natürlich !
ERZÄHLER: [ärgerlich] Klar war ich stolz auf ihn ! Das verstand sich ja wohl von selbst ! Ich war so stolz, daß ich sagte:
KEVIN: Paul ! [reicht ihm zwei leere Gläser] Wie wär's, wenn du noch Cola für uns holst ?!
PAUL: Okay, gern. Ich lad euch beide ein. [geht zur Theke] Hey Woody, bekomm ich noch Cola ?
WOODY: Klar.
PAUL: Danke.
WINNIE: Der gute alte Paul !
KEVIN: [seufzend] Ja.
[Während WOODY die Gläser auffüllt, unterhält sich PAUL wie selbstverständlich mit anderen Jungen an der Theke, die ihn vorher nicht einmal beachtet hätten.]
ERZÄHLER: Aber auf einmal war Paul nicht mehr ganz der alte Paul. Etwas war anders, etwas stimmte nicht.
EXT. NACHMITTAG. GARAGE
PAUL und KEVIN kommen die Einfahrt hinauf. KEVIN stellt seine Tasche zur Seite und holt den Ball.
KEVIN: Komm Paul, wir spielen.
PAUL: Sofort ?!
KEVIN: Ja, warum nicht !
PAUL: Weil wir für die Geschichtsarbeit lernen wollten !
KEVIN: Gut, der Krieg von 1812 war ... 1812 ! So, jetzt haben wir genug gelernt !
PAUL: Äh, der Krieg fand, um genau zu sein, achtzehnhundert...
KEVIN: Du fängst an !
PAUL: Okay ...
ERZÄHLER: Ich wollte nur ein nettes kleines Spiel - und vielleicht Antworten auf ein paar wichtige Fragen.
KEVIN: Du willst in die Mannschaft, das kannst du doch zugeben !
PAUL: Hab ich doch längst ! Sozusagen.
KEVIN: Aber wir waren uns doch einig, daß das 'ne blöde Idee ist, oder ? Paul, wir wissen beide, daß Cutlip völlig be...
PAUL: Hey, er ist gar kein übler Kerl !
KEVIN: Was ?!
PAUL: Imgrunde ist er nett. Wirklich !
ERZÄHLER: Was war denn das ?! Ketzerei ?
PAUL: Ich dachte, ein ... Versuch könnte nicht schaden.
KEVIN: Paul, du glaubst doch nicht etwa, daß du aufgenommen wirst ?
PAUL: Weißt du ...
KEVIN: Das ist doch lächerlich ! Du schlägst ja nicht mal mich ! Also hör auf !
PAUL: [denkt lange nach] Ah, ich dachte nur, es wäre bestimmt nicht schlecht, wenn ich ...
[Aber KEVIN hört ihm gar nicht zu, sondern fängt an zu dribbeln und wirft schließlich einen Korb.]
KEVIN: Zwei zu null !
ERZÄHLER: Also spielten wir. Und zum allerersten Mal verzichtete Paul darauf, den Spielverlauf zu kommentieren. Bis heute weiß ich nicht genau, ob ich wirklich super spielte oder Paul wirklich mies. Ich weiß nur eins: Ich erteilte Paul eine Lektion !
[KEVIN rempelt PAUL zur Seite, daß er hinfällt.]
PAUL: Ah !! Fowl !
ERZÄHLER: Eine Lektion, die er nie vergessen sollte ! Und das tat ich nur zu seinem Besten !
KEVIN: Wusch ! 21:3 - und Ende. Ich hab gewonnen.
ERZÄHLER: Nur um das mal festzuhalten: Sieg Nummer 790.
KEVIN: Also, willst du 'ne Revanche ? Na los, du hast einen Wurf frei !
[PAUL blickt ihn verärgert, vielleicht auch etwas angewidert, an, nimmt seine Tasche und geht, ohne noch ein Wort zu sagen oder sich noch einmal umzudrehen, die Auffahrt hinunter und verschwindet um die Ecke.]
ERZÄHLER: Manche Leute wissen es einfach nicht zu schätzen, wenn man versucht, ihnen etwas Gutes zu tun.
INT. MITTAG. CAFETERIA
ERZÄHLER: Am Tag nach dem Sieg Nummer 790 war die Stimmung etwas heikel.
KEVIN: Hi !
ERZÄHLER: Aber ich ging Paul nicht aus dem Weg.
PAUL: Hi.
ERZÄHLER: Und er ging mir auch nicht aus dem Weg. Wir waren einfach ... betont lässig.
ERZÄHLER: Ich war betont lässig ...
KEVIN: Hi !
ERZÄHLER: ... er war betont lässig ...
PAUL: Hi.
ERZÄHLER: ... - es herrschte eine betont lässige Verkrampftheit.
INT. NACHMITTAG. SCHULKORRIDOR
KEVIN schließt sein Schließfach und geht zu PAUL hinüber.
ERZÄHLER: Gegen Ende des Tages wurde klar, daß einer von uns das Eis brechen mußte.
KEVIN: Was läuft denn ?
PAUL: Oh. Gar nichts.
KEVIN: Wollen wir nach dem Unterricht zu mir nach Hause gehen ?
PAUL: Ich kann nicht.
ERZÄHLER: Was offenbar eine schamlose Lüge war.
KEVIN: Na ja, es wär schön, wenn du mir bei Geschichte helfen würdest. Der Kram ist wirklich schwer, weißt du ? Und wenn wir fertig sind, könnten wir "Enterprise" angucken.
PAUL: Danke, aber ... ich hab schon was anderes vor.
KEVIN: So ? Was denn ?
PAUL: Die Basketballausscheidungen.
KEVIN: Was ?!
ERZÄHLER: Ich konnte es nicht fassen. Ich hatte es ihm erklärt, mit ihm gestritten und der Junge kam immernoch nicht zur Vernunft !
PAUL: Bis dann !
ERZÄHLER: Das brachte das Faß zum Überlaufen ! Wenn Paul darauf bestand, jemand zu sein, der er nicht war, blieb mir nur noch eine Möglichkeit:
INT. NACHMITTAG. SPORTHALLE
Coach CUTLIP steht am Rande des Spielfelds. Einige Schüler spielen, einige sitzen auf der Bank. KEVIN kommt (mit Jacke und Büchern) herein.
CUTLIP: [pfeift; ruft] Middleman ! Ich will mehr Einsatz sehen ! Beweg dich !
ERZÄHLER: Es war Zeit, sich an eine höhere Macht zu wenden - falls man das in diesem Zusammenhang sagen kann.
CUTLIP: Tompson ! Wenn du 'ne Teeparty willst, geh nach Bosten ! [lacht leise]
KEVIN: Mr. Cutlip ?
CUTLIP: Arnold.
KEVIN: Ich würde mich gern kurz mit Ihnen unterhalten. [zögernd] Es ... geht zum Paul. Paul Pfeiffer.
CUTLIP: Ah. Pfeiffer. Er steckt doch nicht etwa in Schwierigkeiten ? Drogen, Diebstähle ? Raubüberfälle ?!
KEVIN: Ähh...
CUTLIP: Gut, das beruhigt mich !
ERZÄHLER: Schön. Soviel zum Smalltalk.
KEVIN: Na ja, er ist mein bester Freund und, äh ... [grinsend] er denkt echt, er wird ins Team aufgenommen !
CUTLIP: Ja ja, das denkt er, nicht ?
KEVIN: Ja. Ich, äh ... fürchte nur, daß Sie Paul bloß hochnehmen wollen.
CUTLIP: [blickt KEVIN verärgert an; ironisch] Fürchtest du ?!
KEVIN: Uh, ja. Ich meine, ich hab schon tausendmal mit ihm gespielt, vor unserer Garage, also kenn ich ihn genau. Ich hab ihn jedesmal geschlagen. [CUTLIP blickt ihn verwundert an] Na ja.
ERZÄHLER: Natürlich war mir klar, daß ich meinen besten Freund damit in gewisser Weise verriet - aber Tatsachen blieben nunmal Tatsachen !
CUTLIP: Wir sind aber nicht vor deiner Garage, Kleiner !
KEVIN: Mmh ?
CUTLIP: Pfeiffer. [CUTLIP tritt einen Schritt zur Seite, so daß KEVIN PAUL spielen sehen kann.] Sieh ihn dir mal an !
ERZÄHLER: Also sah ich mir Paul an. Er sah immernoch genauso aus wie der Kerl, den ich 790 Mal hintereinander geschlagen hatte - nur etwas war anders: Er spielte nicht so wie er. [PAUL wirft einen Korb !]
CUTLIP: Ja, schön gemacht, Pfeiffer !
ERZÄHLER: Es war erstaunlich: Das sollte der Mann sein, der vor meiner Garage eine Million Bälle in die Botanik geworfen hatte ?! Es kam mir vor, als würde ich einem völlig fremden zusehen, einem Jungen, der mir nie über den Weg gelaufen war !
PAUL: [zufrieden] Ja !
ERZÄHLER: Also machte ich das einzige, was mir einfiel:
KEVIN: [ruft] Klassewurf, Paul ! Weiter so !
[PAUL blickt erschrocken auf und entdeckt KEVIN. Einen Augenblick lang starrt er ihn an - und fängt dann an, so zu spielen wie immer, also unter aller Sau. Er verfehlt Pässe, stößt Bälle mit dem Fuß ins Aus, läßt sich umrempeln und fängt keinen einzigen Ball mehr. Coach CUTLIP blickt immer finsterer drein.]
ERZÄHLER: Das war der Beweis: Ein Wort von mir und Paul ... war wieder Paul.
CUTLIP: [verärgert] Komm schon, Pfeiffer, du spielst ja wie der letzte Heuler ! [pfeifft] Pencode, geh du für Pfeiffer ins Feld ! Und jetzt macht mal ein bißchen Tempo ! Hill, das ist kein Kaffeekränzchen !
ERZÄHLER: Nach dieser Szene hatte es wohl nicht mehr viel Sinn, noch länger zu bleiben.
CUTLIP: Martensen ! Das Spiel heißt Basketball ! Wir spielen hier nicht Murmeln !
ERZÄHLER: Es war eigentlich nicht meine Absicht gewesen, den Jungen bloßzustellen.
CUTLIP: Ihr gehört ins Seniorenheim, ihr Weichflöten !
INT. ABEND. KEVINS ZIMMER
KEVIN sitzt an seinem Schreibtisch; vor ihm liegt sein Geschichtsbuch. In der Ferne grollt ein Gewitter, das allmählich näher kommt.
ERZÄHLER: Ich versuchte an diesem Abend, für meine Geschichtsarbeit zu lernen. Aber irgendwie ... konnte ich mich einfach nicht konzentrieren. Vielleicht gab es einen Grund dafür.
[Die Kamera schwenkt etwas zur Seite und zeigt WAYNE, der hinter KEVIN auf dem Bett liegt.]
WAYNE: Blödsack in nördlicher Richtung - Geschoß abfeuern ! [wirft eine Papierkugel an KEVINs Kopf] Buuuu !
KEVIN: [wütend] Wayne, laß den Mist, verstanden ! Ich würde gern lernen ! [WAYNE wirft noch mehr Kugeln] Wayne !
[WAYNE setzt sich im Schneidersitz auf das Bett, faltet die Hände und blickt KEVIN freundlich an.]
WAYNE: Was ist los mit dir, kleiner Bruder ? Du wirkst ... bekümmert. [kurze indische Tempelmusik...] Willst du darüber reden ?
KEVIN: Nein, schönen Dank !
WAYNE: Das versteh ich. Es gibt Dinge, die lassen sich nicht in Worte fassen.
ERZÄHLER: Und obwohl ich wußte, daß es besser gewesen wäre, das Thema fallenzulassen ...
KEVIN: [argwöhnisch] Was willst du damit sagen ?
WAYNE: [nett, lächelnd] Ich bin doch nicht aus Stein ! Hey, ich wohn schließlich hier ! Ich seh doch, was läuft ! Es ist Paul, nicht ? Ich meine, du hast ihn 14 Jahre lang praktisch auf dem Rücken getragen und - nun kann er dich nicht mehr gebrauchen. [schnauft abfällig] Undankbarer Blödmann ! [kurze Pause] Aber ich würde mir an deiner Stelle nichts daraus machen. Der Kerl war doch schon immer 'ne Null, oder ?
ERZÄHLER: Es war furchtbar ! Auf einen Schlag hatte mein Neanderthaler-Bruder meine geheimsten Gedanken auf den Punkt gebracht ! Und das waren keine schönen Gedanken !
KEVIN: Er ist keine Null, Wayne.
WAYNE: Natürlich. Du weißt das und ich weiß das. Wenn einer läuft wie 'ne Ente, sich anhört wie 'ne Ente, dann muß es Paul die Pfeiffe sein ! [lacht]
ERZÄHLER: Aber plötzlich wurde mir klar, daß das nicht stimmte. Nicht mehr. Und in diesem Moment wußte ich, was ich zu tun hatte.
[KEVIN wirft sich auf WAYNE und sie kämpfen auf dem Bett. Natürlich ist WAYNE stärker und hält KEVIN bald auf der Matraze.]
KEVIN: Wayne, laß den Quatsch !
EXT. ABEND. GARAGE
KEVIN spielt alleine vor der Garage Basketball.
ERZÄHLER: Wenn man 14 ist, heilen blaue Flecken schnell. Einige jedenfalls. Aber an diesem Abend spürte ich einen Schmerz, der nicht so einfach vergehen würde. Nicht von allein.
[Er bemerkt PAUL, der die Einfahrt hinaufkommt.]
PAUL: Ich möchte gegen dich spielen !
KEVIN: Was ?!
PAUL: Du hast schon verstanden. Ich möchte gegen dich spielen !
KEVIN: Wieso, damit ich dich wieder fertigmache ?!
PAUL: Wer sagt, daß du mich fertigmachst ?
KEVIN: Paul, so war's doch jedesmal !
PAUL: Na und ? Lassen wir's drauf ankommen !
KEVIN: Wozu denn ?! Ich werd nicht aus Freundlichkeit verlieren !
PAUL: [bestimmt] Ich möchte gegen dich spielen ! [lange Pause]
KEVIN: Paul, komm schon ! Ich spiel dich in Grund und Boden, solange wir uns kennen ! Wieso denkst du, daß sich das jemals ändern wird ?!
PAUL: Wieso ??
KEVIN: Wie kommst du auf die Idee ??
PAUL: Weil sich Dinge verändern, Kev ! Ich hab mich verändert !
KEVIN: Nicht für mich.
PAUL: Ich weiß.
KEVIN: Beweise es ! Los, Verlierer fängt an !
[Sie spielen.]
PAUL: Zwei null für mich.
KEVIN: So, zwei beide.
ERZÄHLER: An diesem Abend spielten Paul Pfeiffer und ich das wichtigste Spiel unseres Lebens.
PAUL: [triumphierend] Sechzehn zehn für mich !
ERZÄHLER: Wir gingen hart ran, wir spielten beide, um zu gewinnen ! Uns hatte noch nie ein Spiel soviel bedeutet ! Keinem vom uns.
KEVIN: Neunzehn sechzehn. Für mich !
ERZÄHLER: Vermutlich fallen einem Veränderungen nie leicht. Man kämpft, um Dinge zu bewahren. Man kämpft, um weiterzugehen. Aber an diesem Abend, nach 790 aufeinanderfolgenden Niederlagen, ...
[KEVIN starrt PAULs Ball hinterher, der in Zeitlupe durch die Luft wirbelt und direkt auf den Korb zusteuert.]
ERZÄHLER: ... schaffte Paul es endlich, mich zu besiegen !
INT. TAG. SPORTHALLE
Treffer ! Der Ball landet im Korb - in der Sporthalle. PAUL spielt im Team der Kennedy Junior High, das gerade einen Treffer erzielt hat. Das Publikum springt auf, applaudiert, gröllt. Die Cheerleader feuern ihre Mannschaft und die Zuschauer an.
ERZÄHLER: Paul wurde in diesem Jahr ins Basketballteam aufgenommen - und er hatte auch ein paar treue Fans ! Aber sein größter Fan, war gleichzeitig sein bester Freund.
WINNIE: [ruft] Los, mach sie fertig, Paul !
[PAUL stürmt mit dem Ball nach vorne, läßt alle Gegner hinter sicht, wirft - und trifft. Das Publikum jubelt. NORMA, JACK, WAYNE und WINNIE springen auf und applaudieren. PAUL blickt stolz zu ihnen und zu KEVIN, der langsam aufsteht, PAUL stolz anblickt und den gratulierend den Daumen ausstreckt.]
ERZÄHLER: Ich glaube, manchmal muß man sich auseinanderleben, um weiter zusammenzuwachsen.
CLOSING TITLES
Dieses Transcript wurde von Daniel G geschrieben.
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09/10/01 19:50