Episode 36 - "Lieber Freund, Liebesleid"

Transcript: Daniel Görlich



OPENING TITLES

(Die Eröffnungsszene zeigt verschiedene Bilder, die im Jahr 1969 um die Welt gingen.)

Am Ende des Jahres 1969 kam etwas sehr komisches: 1970.

(Weitere Bilder folgen, darunter auch Aufnahmen von einer Neujahrsfeier.)

Nicht, daß dem jemand besonders viel Bedeutung geschenkt hätte. Und trotzdem war es mit dem neuen Jahrzehnt im Kalender vielleicht an der Zeit, alte Wunden heilen zu lassen, über alten Schmerz hinwegzukommen. Es war möglich - immerhin war ich über Winnie Cooper hinweg.

INT. TAG. SCHULKORRIDOR
(Kevin steht bei seinem Schließfach, als er Winnie entdeckt, die zu ihrem eigenen Schließfach etwas entfernt auf der anderen Seite des Korridors geht.)

WINNIE: Hi, Kevin.

KEVIN: Hi!

Ja, Winnie und ich waren jetzt Freunde.

WINNIE: Du siehst heut gut aus.

KEVIN: Oh, danke. Was wir in Geschichte aufhaben, ist ja nicht zu fassen.

WINNIE: Ja, da hast du wirklich recht.

Dieses unglaubliche Lächeln, die Art, wie sie ihr Haar zurückwarf, der atemberaubende Hauch ihres Parfüms - darüber war ich hinweg. Ehrlich!

WINNIE: Also dann, bis nachher.

KEVIN: Bis nachher.

Was hab ich gesagt? Hallo und auf Wiedersehen. Das mit Winnie und mir war Vergangenheit. Nicht wie bei Paul und Carla. Sie hatten etwas ganz besonderes.

INT. TAG. CAFETERIA
(Paul und Kevin sitzen an einem der Tische.)

PAUL (fassungslos): Sie hat mich verlassen.

KEVIN: Paul...

PAUL: Sie hat mich verlassen!

KEVIN: Paul! Krieg dich mal wieder ein!

PAUL: Sie...hat mich...verlassen.

KEVIN: Willst du darüber reden?

PAUL: Sie sagt, sie braucht mehr Zeit für ihre Freunde. Sie meint, ich würde sie ersticken. Ich dachte, sie wollte von mir erstickt werden! Was mach ich jetzt nur?

Paul ging es schlecht. Ich mußte etwas Sensibilität an den Tag legen.

KEVIN: Willst du ein Eiscremesandwich? (kurze Pause) Wenn du magst, gehen wir uns heute einen Film ansehen!

PAUL: Carla und ich haben uns immer Filme angesehen.

Es war schlimmer, als ich gedacht hatte.

(Paul beginnt, mit dem Strohhalm in sein Glas zu pusten. Blasen steigen blubbernd auf.)

KEVIN: Paul, was ist, wenn dich Carla so sieht? Willst du etwa ihr Mitleid erregen?

PAUL: Hältst du das für möglich?

KEVIN: Das hab ich nicht gemeint. Du darfst nicht wie ein Trauerkloß rumsitzen - unternimm etwas!

PAUL (frustriert): So, was denn?

KEVIN: Naja, mach sie einfach...ein bißchen eifersüchtig!

PAUL: Hä?

KEVIN: Vielleicht, indem du...mit einer anderen weggehst.

PAUL: Vermutlich hast du recht. Vermutlich sollte ich das machen. Ich kann das doch, nicht?

KEVIN: Klar kannst du das.

PAUL: Ja, ich kann es!

KEVIN: So, mal sehen - wen willst du fragen? (keine Antwort) Wen magst du denn?

PAUL (niedergeschlagen): Carla.

Er entglitt mir. Wenn Paul gerettet werden sollte, war keine Zeit mehr für zähes Ringen.

INT. TAG. SPORTHALLE
(Sportstunde. Alle Jungen sitzen um eine Matte herum, während Coach Ed Cutlip einen von ihnen mit einem Ringergriff auf die Matte preßt. Kevin und Paul sitzen zusammen am Rand der Matte.)

Unglücklicherweise bestand der Lehrplan darauf.

MR. CUTLIP: Beim Ringen, Männer, kommt es vor allem auf einen Muskel an, und der sitzt hier! (tippt an seine Stirn)

KEVIN (zu Paul): Was ist mit Allison Heath? Die guckt dich andauernd an.

PAUL: Zu dumm.

KEVIN: Okay...Angela Lands! Die ist wirklich klug.

PAUL: Ihr Gesicht ist so...oval!

MR. CUTLIP: So, Johnson und Orsley, auf die Matte!

KEVIN: Jill Simmons! Ohne Brille sieht die nicht schlecht aus.

PAUL: Sie erinnert mich an 'ne Banane.

Gut. Wir hatten es schonmal eingekreist auf Frauen, die nicht dumm, ovalgesichtig oder obstförmig waren.

MR. CUTLIP (pfeift den Kampf an; schreit): Konzentration!

KEVIN: Komm schon, Paul! Hast du wirklich an jeder was auszusetzen?

PAUL: Nun ja, nein...an jeder vielleicht nicht.

KEVIN: Wen hatten wir denn noch nicht?

PAUL: Nein, Kevin, das sag ich nicht.

KEVIN: Wieso nicht? Magst du sie?

PAUL: Naja, möglicherweise. Etwas.

KEVIN: Na, das ist doch perfekt! Geh mit der Frau weg!

PAUL: Ich frage sie nicht, das steht schon mal fest.

KEVIN: Paul, wer ist es?

PAUL (zögert kurz): Winnie Cooper.

(Die Sporthalle verschwindet zugunsten einer Wüste, über der ein riesiger Atompilz aufsteigt.)

INT. TAG. UMKLEIDERAUM
(Paul, Kevin und die anderen Jungen ziehen sich um.)

KEVIN (fassungslos): Winnie Cooper? Ehrlich?

PAUL: Naja, weißt du, ich kenn sie schon ewig und wir sind gute Freunde. Also, 'ne echte Verabredung ist das eigentlich nicht.

Gut, das klang vernünftig.

KEVIN: Na, dann würd ich sie doch fragen.

PAUL: Nein, blöde Idee.

KEVIN: Wieso?

PAUL: Also, erstmal find ich schon den Gedanken, daß Winnie mit mir weggeht, einfach lächerlich.

(zustimmend) Aha. Da hatte er recht.

PAUL: Es hat auch noch...andere Gründe.

KEVIN: Was denn für andere Gründe?

PAUL: Naja...willst du nicht noch...ich meine, bist du...nicht noch etwas in sie...

KEVIN: Paul, soll das etwa heißen, daß du sie nur nicht fragst, weil du glaubst, ich würde immernoch...

PAUL: Ist wirklich egal. Ich könnte sie sowieso nicht fragen.

Naja. Paul konnte es vielleicht nicht. Aber ich.

EXT. TAG. SEITENEINGANG
(Kevin und Winnie kommen gemeinsam aus einem Seiteneingang der Schule, der wahrscheinlich zu den Sportplätzen führt, denn Winnie trägt, wie alle anderen Mädchen, die aus der Schule kommen, Sportkleidung und einen Hockeyschläger.)

WINNIE (überrascht): Wir sollen uns verabreden? Du meinst, ich soll mich richtig mit ihm verabreden?

KEVIN: Äh...ja.

WINNIE: Wieso?

KEVIN: Ja, wie erklär ich dir das am besten...Das ist gar nicht so leicht. Tja, Carla hat Paul abgeschoben - und nun fühlt er sich...abgeschoben. Wenn du mit ihm weggehst, würde ihn das sehr aufbauen.

WINNIE: Weiß er, daß du seinetwegen hier bist?

KEVIN: Nicht direkt, nein.

WINNIE: Wieso fragt er mich nicht selbst?

KEVIN: Weißt du, Paul ist etwas schüchtern. (Pause) Außerdem, denkt er, daß ich dich noch...du weißt schon, du und ich...Er macht sich da falsche Vorstellungen. Ich wollte das auch klarstellen, aber...du kennst Paul...

WINNIE (klingt beinahe traurig): Oh. (Pause) Glaubst du wirklich, das ist 'ne gute Idee?

KEVIN: Ja! Ich denke, das ist 'ne tolle Idee.

Doch, das fand ich wirklich! Zumindest bildete ich mir ein, daß ich das fand.

WINNIE: Okay, dann...werd ich heute mit ihm ins Kino gehen.

KEVIN: Klasse!

Na bitte. Hübsch eingefädelt.

INT. NACHMITTAG. SCHULBUS
(Kevin steigt in den Schulbus ein.)

Das würde wunderbar funktionieren.

(Kevin sieht Winnie, die neben Paul steht, der an einem der hinteren Fenster sitzt, und mit ihm redet. Als Winnie sich einen Platz weiter hinten im Schulbus sucht, setzt er sich neben Paul.)

KEVIN: Na, was ist?

PAUL: Bitte? Gar nichts.

(Paul scheint völlig weggetreten zu sein und lächelt, während er mit einem verträumten Blick vor sich hin starrt.)

Ha, als ob ich das nicht wüßte.

PAUL (selig): Winnie Cooper hat gerade gefragt, ob wir ins Kino gehen.

KEVIN (tut überrascht): Ist doch nicht dein Ernst!

PAUL: Ich meine: Ist so ein Zufall nicht erstaunlich? Wir haben gerade vorhin von ihr gesprochen und jetzt lädt sie mich ins Kino ein.

KEVIN: Das ist wirklich ziemlich erstaunlich.

PAUL: Ich meine, sie lädt mich ins Kino ein. Winnie Cooper lädt mich ins Kino ein!

Schon gut, schon gut. Die Botschaft kommt rüber. Ich hab sie ja selbst verfaßt.

PAUL: Paß auf, Kevin: Wenn es da ein Problem gibt, genügt ein Wort und, ich versprech dir, ich vergeß das ganze.

KEVIN: Nein, Paul, ich sag dir doch, ich find's toll, daß sie dich einlädt.

PAUL: Es stört dich nicht? Ist das auch sicher?

KEVIN: Hundertprozentig.

PAUL: Großartig.

(Paul starrt wieder selig lächelnd durch's Fenster nach draußen.)

Es war wirklich großartig: Paul lächelte wieder. Eigentlich...war es eher ein Grinsen. Er strahlte geradezu. Aha, das mußte man einfach gut finden.

INT. NACHT. KEVINS ZIMMER
(Kevin liegt auf seinem Bett und wälzt sich unruhig hin und her.)

In dieser Nacht schlief ich den Schlaf der Gerechten...

INT. MORGEN. KEVINS ZIMMER
(Kevin steht am Fenster und sieht zu, wie es langsam heller wird. Irgendwo in der Ferne kräht ein Hahn - wahrscheinlich zum dritten Mal an diesem Morgen.)

...wachte am nächsten Morgen frisch und munter auf...

EXT. MORGEN. HAUS DER ARNOLDS
(Kevin kommt mit großen Schritten aus dem Haus. Jack steht neben der Veranda und hat den Welpen an der Leine. Er sieht ziemlich überrascht aus, als er seinen Sohn so früh aus dem Haus kommen sieht.)

...machte einen Blitzstart, um dem morgendlichen Verkehr aus dem Weg zu gehen...

INT. MORGEN. SCHULKORRIDOR
(Kevin kommt in einen der Schulkorridore. Bisher ist er der einzigste Schüler dort und die Reinigungskräfte sind noch nicht einmal fertig damit, den Fußboden zu säubern.)

...und ging daran, einen neuen Tag zu beginnen.

(Szenenwechsel, während im Hintergrund eine typische Schulklingel zu hören ist. Plötzlich ist der Korridor gefüllt von Schülern. Kevin steht neben seinem Schließfach und erblickt Paul, der das Schließfach neben ihm hat, auf sich zukommen und fröhlich pfeiffen.)

KEVIN: Und, äh, wie war's gestern?

PAUL: Nett.

"Nett"? Okay, "nett" war gut, "nett" war "nett". "Nett" war...

PAUL: Ist das nicht ein toller Tag?

KEVIN: Hä?

PAUL: Ist doch komisch: An einem Tag hast du das Gefühl, es ginge die Welt unter, und am nächsten Tag...geht's dir großartig!

KEVIN: Also...hast du von Carla gehört?

PAUL: Hä? Ach so, nein, noch nicht. Kein Wort.

KEVIN (zuversichtlich): Sie läuft dir bestimmt bald über den Weg. Bis zum Wochenende seid ihr wieder zusammen.

PAUL: Nein, ausgeschlossen.

KEVIN: Wieso denn?

PAUL (glücklich): Am Wochenende bin ich verabredet. Da kann ich nicht.

Mmh.

INT. VORMITTAG. SCHULKORRIDOR
(Kevin steht neben Winnie's Schließfach und unterhält sich mit ihr über Paul.)

WINNIE: Ja, wir wollen wieder weggehen.

KEVIN (unangenehm überrascht): Wirklich!

WINNIE: Wieso?

KEVIN: Gar nichts. Ich...bin...nur überrascht. Weiter nichts.

WINNIE: Kevin, worauf willst du hinaus?

KEVIN: Auf gar nichts. Nur, Paul geht's jetzt viel besser und...Du machst dir doch nichts aus ihm...

WINNIE: Wer sagt denn das?

Okay, das war falsch ausgedrückt.

KEVIN: Gut, du machst dir was aus ihm, nur, ich möchte dir als dein Freund sagen...

WINNIE: Paul und ich sind auch Freunde. Er ist ein toller Kerl. Es macht Spaß mit ihm. (schwärmerisch) Er ist gebildet, er ist witzig, er ist süß...

Süß?!

KEVIN: Süß?

WINNIE: Außerdem weiß ich gar nicht, was dich das überhaupt angeht.

KEVIN: Ach komm, Winnie, hast du's schon vergessen? Ursprünglich war das ja wohl alles meine Idee.

WINNIE: Ja, damit hast du wohl recht.

KEVIN: Nun ja, ich denke nur, du solltest...

Ach, warum um den heißen Brei herumreden? Es war Zeit, die Sache klarzustellen, und zwar zum Besten aller.

KEVIN: Führ ihn nicht an der Nase rum - das ist nicht richtig.

WINNIE (knallt beleidigt das Schließfach zu): Wie kommst du darauf, daß ich das mache? (geht)

Tja, das war's dann. Ich hatte Paul ins Gewissen geredet, ich hatte Winnie ins Gewissen geredet. Wenn beide entschlossen waren, dieses Spielchen bis zum Ende durchzuhalten, konnte ich nur noch eins tun: Ich konnte...

(Kevin stürzt durch die nächste Tür mit der Aufschrift "Boys".)

...mich übergeben.

INT. NACHT. KEVINS ZIMMER
(Kevin's Bett ist leer, obwohl es im Zimmer noch dunkel ist.)

Nach ein paar Tagen begann der Schlaf der Gerechten, mich zu verlassen.

(Die Kamera schwenkt nach rechts und zeigt Kevin, der am Fenster steht und in die Dunkelheit hinausstarrt. Irgendwo in der Ferne kräht ein Hahn - wahrscheinlich zum ersten Mal an diesem Morgen.)

Ich wußte nicht mal genau, warum.

INT. TAG. SCHULE
(Carla und Kevin sehen Paul zu, der wieder einmal zu fröhlich ist.)

In der Schule schien alles glatt zu gehen. Und Paul kam über seine Probleme mit Carla hinweg - dank Winnie.

CARLA: Danke Kevin! Herzlichen Dank!

INT. MITTAG. CAFETERIA
(Kevin und Paul sitzen wieder am selben Tisch wie letztes Mal. Diesmal hat Paul ein schwarzes Buch dabei, in dem er blättert und liest.)

PAUL (zu Kevin) Carla ist nur 'ne liebe Freundin.

KEVIN: Ja, ich bezweifle, daß Carla das genauso sieht. Um genau zu sein, sie hat...

PAUL: Da ist es ja! Ikarus.

KEVIN: Was soll das? Du hörst mir ja nicht mal zu!

PAUL: Entschuldige, Kev. Das Buch hab ich für Winnie besorgt. Mythologie. Sie ist ganz wild auf griechische Mythologie. Aber das wirst du bestimmt schon wissen.

KEVIN: Natürlich weiß ich das!

Die Wahrheit war: Mir hatte Winnie nie etwas über Mythologie erzählt.

PAUL: Ich bin der Meinung, die alten Griechen hatten die besten Götter.

KEVIN (schnell): Ja, das stimmt, aber...

PAUL: Was meinst du, wie sie wohl im Alter aussieht?

KEVIN: Paul, wir müssen uns mal unterhalten.

PAUL: Gut. Raus damit.

(Winnie kommt an dem Tisch vorbei.)

PAUL: Winnie! Sieh mal, hier ist Ikarus.

(Winnie sieht Kevin direkt an. Ihr Blick hat irgendwie etwas Entschuldigendes, Trauriges an sich.)

KEVIN: Ich muß los.

PAUL (erstaunt): Wo gehst du hin?

KEVIN: Weiß ich noch nicht.

(Kevin nimmt sein Tablett und geht.)

Ich wußte nur, daß ich für Mythologie nicht in Stimmung war. Ich mußte den Kopf freibekommen.

INT. TAG. WOHNZIMMER
(Kevin sitzt auf der Couch und sieht sich "Mr. Ed" an. Neben ihm sitzt Delores und kaut ununterbrochen auf ihrem Kaugummi rum.)

(Anmerkung: "Mr. Ed" ist eine amerikanische Serie über ein sprechendes Pferd, Mr. Ed, und seinen Besitzer, Wilbur.)

MR. ED: Wenn noch zwei Pferde da wären, könntest du dir auch einen Haarschnitt und Maniküre verpassen lassen.

DELORES: Guck dir bloß mal an, wie der seine Lippen bewegt. Ist ja eklig. Total unglaubwürdig. Diesmal fährt er Wasserski. Stell dir das mal vor!

KEVIN: Delores, darf ich weitersehen?

Um dunkle Wolken zu vertreiben, gab es nichts besseres als einen Nachmittag mit Waynes Freundin.

(Wayne kommt aus der Küche zurück.)

WAYNE: Ist schon was passiert?

DELORES (gelangweilt): Ed hat einen Plan.

(Zum wiederholten Male formt Delores aus ihrem Kaugummi eine Blase und läßt diese laut zerplatzen.)

KEVIN (ärgerlich): Kannst du damit aufhören?

WAYNE: Was ist denn mit dem?

DELORES: Der hat einfach einen miesen Tag.

WAYNE: Oh, was gibt's denn, Kev? Ist was faul im Keviland?

KEVIN: Geht dich überhaupt nichts an, Blödsack!

WAYNE: Na, hallo, hallo! Das sind ja böse Worte! Daran ist doch wohl nicht rein zufällig ein gewisser bester Freund schuld - und so 'ne Art Ex-Freundin, oder?

KEVIN (gereizt): Woher hast du das?

WAYNE: Och, solche Sachen sprechen sich rum.

DELORES: Lisa hat sie bei Winky's gesehen, als sie was getrunken haben.

Toll, meine private Tragödie wurde Gegenstand öffentlichen Interesses.

WAYNE: Ich muß sagen, es überrascht mich nicht.

KEVIN: Was soll denn das nun wieder bedeuten?

WAYNE: Gar nichts. Ich hab's nur längst kommen sehen. Ich hab nur nicht den Durchblick. Ich wüßte gern mal, ob er die Brille auf der Nase läßt, wenn die beiden knutschen. (nähert sich Delores' Gesicht, um sie zu küssen)

DELORES: Ich möchte die Sendung sehen! (schiebt Wayne beiseite)

KEVIN: Sowas muß ich mir nicht sagen lassen!

WAYNE: Bitte entschuldige. Entschuldige. Ich hätte dem Pfeiffer gar nicht zugetraut, daß er so ein gerissener Hund ist. (kichert)

Ach, was wußte Wayne denn schon? Paul war nicht gerissen. Außerdem hatte ich die Sache ja eingefädelt. Oder nicht?

WILBUR (im TV): Ed, was meinst du?

MR. ED (im TV): Ist Kevin denn blind, Wilbur? Sieht er denn gar nicht, was Paul und Winnie im Schilde führen? (Standardgelächter vom Tonband)

INT. TAG. SPORTHALLE
(Die Jungen sitzen wieder um die Matte herum - bis auf einen, den Mr. Cutlip gerade zu Demonstrationszwecken unsanft auf die Matte befördert hat und nun an Hals und Nieren festhält.)

MR. CUTLIP: Das Überraschungsmoment, Männer - der Schlüssel zu jedem geglückten Angriff. Plant die Vorgehensweise, überlegt vorher. Seht euch vor.

(Mr. Cutlip steht auf und läßt den Jungen los, der kurz röchelt und sich dann von der Matte hinunterschleppt.)

MR. CUTLIP: Gallo, Dobby, ihr seid die nächsten.

Gut. Ich hatte vorher überlegt und meine Vorgehensweise geplant.

KEVIN: Paul? Wir haben uns doch letztens beide unterhalten. Über Winnie, weißt du noch?

PAUL: Natürlich. Was meinst du genau?

KEVIN: Ähm, du hast mir doch gesagt, es genügt ein einziges Wort und dann würdest du die ganze Sache sofort vergessen.

PAUL: Oh.

KEVIN: Also machst du's?

PAUL: Kommt drauf an. Ist die Frage rein hypothetisch?

KEVIN: Was macht das?

Es war soweit. Jetzt hatte Paul die Chance zu beweisen, wo er wirklich stand.

PAUL: Ich weiß es nicht. Vor ein paar Tagen hätt ich noch ja gesagt.

KEVIN: Und nun sagst du nein, oder was?

PAUL: Nein, das hab ich nicht gesagt. Ich hab nur gesagt...

CUTLIP: Pfeiffer, Arnold! Auf die Matte!

(Die beiden stehen auf und begeben sich auf die Matte.)

KEVIN: Du sagst nein - wieso gibst du's nicht einfach zu?

PAUL: Wieso gibst du nicht zu, daß du noch an ihr hängst?

KEVIN: Weil ich's nicht tue!

PAUL: Gut, fantastisch. Ich schon!

MR. CUTLIP (wütend): Das reicht! Mal sehen, ob euer Körper genauso fit ist wie euer Mundwerk.

PAUL: Hier. (gibt einem der anderen Jungen seine Brille)

Das war doch was. Vernünftige Männer, die einer Meinung waren, daß sie nicht einer Meinung waren.

MR. CUTLIP: Also gut, Männer. Nicht vergessen: Gleichgewicht, Tempo, Technik. Und los geht's!

(Paul und Kevin beginnen zu kämpfen, aber ohne jeden Stil.)

MR. CUTLIP: Hey Männer! Männer! Aber Jungs, das ist doch kein Ringen!

(Pauls's und Kevin's Kampf wird immer unzivilisierter. Dazwischen rufen sie Dinge wie "Gib du auf, oder ich mach dich fertig !" Während Mr. Cutlip versucht, die beiden zum Aufhören zu bewegen, stellen sich die anderen Jungen im Kreis um sie herum und feuern ihren jeweiligen Favoriten - oder auch beide - an.)

EXT. ABEND. STRASSE
(Kevin fährt in der Dunkelheit mit seinem Fahrrad durch die Straßen.)

Ich hatte mich noch nie so verloren gefühlt. Ich versuchte, in das, was passiert war, einen Sinn zu bringen. Ich wollte gern glauben, daß Paul mich belogen hatte und Winnie auch. Aber irgendwie...wußte ich es besser. Ich hatte mich selbst belogen. Es war schon komisch: Nun, da ich mir über meine Gefühle für Winnie im Klaren war, war es zu spät.

(Kevin erblickt Paul und Winnie, die auf der Bank auf der Veranda vor Winnies Haus sitzen.)

Da saßen sie. Mein bester Freund und meine beste Freundin. Ich hatte sie zusammengebracht und jetzt hatte ich kein Recht, mich einzumischen.

(Kevin beobachtet, wie sich Winnie und Paul unterhalten. Schließlich gibt sie ihm einen Kuß auf die Wange und geht ins Haus. Paul bleibt noch einige Sekunden sitzen und sieht ihr nach, dann geht er und wandert langsam die Straße entlang. Kevin folgt ihm auf dem Fahrrad und holt ihn bald ein.)

KEVIN (leise): Paul?

PAUL (leise): Ja?

Es war Zeit, ihm zu gratulieren. Das war einfach angebracht. Mr. Ed hätte das auch getan.

KEVIN: Hör zu: Tut mir leid, was heute in Sport passiert ist. Naja, ich hab irgendwie...den Kopf verloren. Jedenfalls...solltest du eins wissen: Ich hoffe, daß ihr zusammen glücklich werdet, okay?

PAUL (niedergeschlagen): Sie hat Schluß gemacht.

KEVIN: Hä?

PAUL: Sie hat Schluß gemacht.

KEVIN: Ehrlich?

PAUL: Wir haben uns entschieden, nur noch Freunde zu sein. Naja, um genau zu sein, hat sie sich entschieden. Jedenfalls ist es vorbei.

KEVIN: Nach drei Verabredungen? Ist das dein Ernst?

Moment mal, was redete ich denn da?

PAUL: Ist schon okay. Wirklich. Sie meint's nicht persönlich. Sie...mag jemand anders.

KEVIN: Oh.

PAUL: Ich hätte es wissen sollen. Ich meine, es war doch ganz offensichtlich. Aber ehrlich, es hätte doch auch gutgehen können, nicht? Nur eine Sache versteh ich nicht: Wieso hat sie sich überhaupt mit mir verabredet? Verstehst du das?

KEVIN: Nun ja, ja. Sie...sagt, sie findet dich süß.

PAUL: Das hat sie gesagt?

KEVIN: Paul? Hat sie dir gesagt, wer es ist?

PAUL: Ich kann dir das echt nicht verraten. Das mußte ich versprechen.

KEVIN: Komm schon, Paul, ich...

Aber plötzlich wußte ich es. Er mußte es mir gar nicht mehr verraten. Es stand ihm ins Gesicht geschrieben.

PAUL: Entschuldige wegen des Schwitzkastens.

KEVIN: Ist schon gut. Hat nicht weh getan.

PAUL: Sicher. Ich hör dich noch um Gnade winseln.

KEVIN: Ja! Davon träumst du!

Da merkte ich erst, was für eine wunderschöne Nacht das war. Sternenklar. Die Welt duftete frisch und sauber. Einen Augenblick lang fühlte ich mich nicht mehr wie ein Kind. Aber zum ersten Mal seit langer Zeit...fühlte ich mich jung.

EXT. ABEND. HAUS DER COOPERS
(Kevin ist zu Winnie's Haus zurückgekehrt und klingelt. Winnie öffnet.)

WINNIE (überrascht): Kevin!

KEVIN: Hi!

Nun ergab alles einen Sinn. Ich liebte Winnie Cooper. Und sie liebte mich.

KEVIN: Winnie, ich wollte nur, daß du weißt, daß ich es weiß. Du brauchst gar nichts zu sagen. Es reicht, wenn du weißt, daß ich es weiß.

WINNIE: Daß du was weißt?

KEVIN (glücklich): Winnie, Paul hat es mir erzählt! Und ich bin glücklich...

WINNIE (entrüstet): Paul hat es dir erzählt?!

KEVIN (überschwenglich): Ja! Ist das nicht Klasse?

WINNIE: Paul hat es dir erzählt!?

KEVIN: Er sagt, daß du ganz verrückt nach mir bist!

(Winnie knallt ihm die Tür vor der Nase zu und läßt Kevin verwirrt stehen.)

TO BE CONTINUED...

(Anmerkung: Die Worte "To be continued..." werden im deutschen vom Erzähler kommentiert: "Das war nicht der Schluß! Die Geschichte geht weiter." Es geht weiter mit der nächsten Folge, "Gib mir mein Herz zurück". )



Non-English Titles/Transcripts
Episode Info
Wonder Years Menu

08/26/01 20:35