Episode 27 - "Football oder Mom"

Transcript: Daniel Görlich



OPENING TITLES

OPENING SEQUENCE
(Alte Aufnahmen aus Kevin's frühester Kindheit zeigen ihn und Norma.)

Wenn man ein kleiner Junge ist, braucht man nicht lange nach dem Mittelpunkt seines Universums zu suchen: Norma. Sie ist immer da. Das ist wirklich eine schöne Sache - wenn man fünf ist. Aber wenn man so um die dreizehn ist, entwickelt sich das zum Problem.

INT. MORGEN. BAD
(Norma klopft an die geschlossene Badezimmertür, was Kevin, der sich im Bad befindet, anscheinend stört.)

NORMA: Kevin!

KEVIN [verärgert]: Mom, ich bin im Bad!

Das Problem ist: Sie ist immer da.

NORMA: Ist alles in Ordnung, Schatz?

KEVIN: Mom!

Und zwar wirklich immer.

NORMA: Ich frag ja nur.

[Kevin kommt mit freiem Oberkörper und einem Handtuch ber den Schultern aus dem Bad und sieht Norma verärgert an.]

Gut, eine Mutter ist eben eine Mutter, aber ein Mann ist ein Mann. Und wenn eine unaufhaltsame Kraft auf ein unbewegliches Objekt trifft, muß früher oder später eins der beiden nachgeben.

EXT. TAG. WIESE
(Kevin, Pauk, Randy Mitchell, Craig Hobson, Doug Porter und einige andere spielen auf einer großen Wiese nahe einer Straße Football - ohne Schutzkleidung.)

KEVIN [ruft]: Los!

Football ohne Schutzkleidung - wir spielten es jeden Nachmittag im Shepard's Park, seit es wieder etwas kühler geworden war. Nach außen hin sah es wahrscheinlich aus wie Mord und Totschlag, aber für uns war es mehr.

[Alle Spieler stürzen sich auf den einen Spieler, der gerade im Ballbesitz ist, und werfen ihn zu Boden.]

Es war Mord, Totschlag und Dreck. Der Stoff, aus dem die Waschmittelwerbung ist.

CRAIG [zu Paul]: Hey Pfeiffer, wieviel Sweatshirts hast du an?

PAUL: Hey, die Dinger brauch ich. Ich spiel doch nicht ohne Sweatshirts, so wie der Wind hier langweht.

Natürlich war es leichtsinning, aber es wurde ja niemand verletzt.

[Doug liegt am Boden. Die Jungs scharren sich um ihn.]

RANDY: Doug?

Nur ein bißchen.

KEVIN: Atmet er denn noch?

JUNGE: Ich glaube schon. Atmest du noch, Doug?

[Doug hustet leicht und bleibt weiterhin am Boden liegen.]

PAUL: Er ist bestimmt verletzt. Das beste ist, wir hören auf.

CRAIG [mit gewohnt arrogantem Ton]: Ach, Doug ist nur etwas die Puste weggeblieben. Dem geht's gut.

DOUG [hustet noch einmal und setzt sich dann auf]: Ja, mir geht's gut.

PAUL: Oh, gut.

CRAIG [zu Kevin]: Hey Arnold, wir wollen 'ne Revanche. Das nächste Spiel wird ein Gemetzel.

KEVIN: Super! [zu seiner Mannschaft]: Mannschaftsbesprechung!

[Die beiden Mannschaften begeben sich auf gegenüberliegende Seiten des Spielfeldes. Nur Paul bleibt in der Mitte stehen und überlegt kurz.]

PAUL: Ähm, Kev, ich hol mir noch schnell 'n Sweatshirt.

[Kevin's Mannschaft bespricht inzwischen die Spieltaktik.]

KEVIN [leise]: ...dann gehst du außen vorbei!

Das Spiel mußte man einfach lieben.

[Die Mannschaften haben sich aufgestellt.]

ALLE: Und los!

[das Spiel beginnt.]

Keine Regeln, kein Schiedsrichter - niemand, dem man Rechenschaft ablegen mußte. Eine wunderschöne Sache - aber wahrscheinlich liegt die Schönheit im Auge des Betrachters.

INT. NACHMITTAG. KÜCHE
(Norma steht in der Küche und bereitet Hackfleisch vor, um Bouletten zu braten, als Kevin durch die Seitentür des Hauses hereinkommt. Auf seinem Sweatshirt befindet sich ein großer, auffälliger Blutfleck.)

NORMA: Ist das da Blut, oder was?

KEVIN: Ähm...

Nicht, daß ich etwas zu verbergen gehabt hätte, aber...naja, man weiß ja, wie Mütter sind.

KEVIN: Nein, das glaub ich kaum, ähm...das ist...Ketchup!

NORMA [skeptisch]: Ketchup?

KEVIN: Ja.

[Karen kommt aus dem Wohnzimmer in die Küche.]

KAREN: Wie kommt denn das Blut auf dein Sweatshirt?

[setzt sich neben Kevin an den Tisch]

KEVIN: Das ist kein Blut!

Nicht meins, jedenfalls.

KEVIN: Es ist Ketchup, okay?

NORMA: Und wie kommt das Ketchup auf dein Sweatshirt?

KEVIN: Beim Essen heute. Es gab Fischfilets.

Ja, das ist gut. Fischfilets.

[Norma schaut auf den Essenplan, der an die Kühlschranktür geheftet ist.]

NORMA: Na, das ist ja eigenartig. Hier steht, am Dienstag ist Pizzatag in eurer Schule.

Junge! Dieser Frau konnte man aber auch gar nichts vormachen.

KEVIN: Hab ich Fischfilet gesagt? Tut mir leid - Fischfilets gab's gestern. Das ist, äh...Pizzasoße!

NORMA: Oh!

Na bitte. Sauber gelöst. So vermeidet man überflüssige Diskussionen über...

[Wayne kommt ebenfalls aus dem Wohnzimmer in die Küche und geht direkt zum Kühlschrank.]

WAYNE: Ich hab gehört, Doug Porter ist heut beim Football plattgemacht worden, hä?

NORMA: Football?! Etwa dieser brutale Football?

Na toll! Jetzt ging es gleich rund. Wayne hatte mich schön in die Pfanne gehauen.

[Norma läßt eine (noch rohe) Boulette in die Pfanne fallen. Es zischt laut.]

KEVIN: Naja, Norma...so richtig echter Football ist es nicht.

NORMA: Mit wem spielst du denn Football, Kevin?

KEVIN: Mit Freunden.

NORMA: In der Schule?

KEVIN: Im Park.

NORMA: Habt ihr eine Aufsicht?

KEVIN: Eine Aufsicht?!

NORMA: Findest du nicht, daß man für so ein Spiel einen Trainer braucht?

[Norma quetscht die Boulette in der Pfanne, so daß es wieder zischt.]

KAREN: Football ist total barbarisch!

Diese Diskussion entwickelte sich in die falsche Richtung. Ich mußte eingreifen, und zwar schnell.

KEVIN: Schon gut, Mom, du mußt dir keine Sorgen machen, okay? Es ist halb so wild. Vertrau mir!

NORMA: Aber natürlich vertrau ich dir, Schatz. Ich will nur nicht, daß jemand verletzt wird.

KEVIN [zu Karen; lachend]: Hast du gehört? "Verletzt".

[Karen verzieht keine Miene.]

KEVIN [zu Norma]: Niemand wird verletzt, Mom.

EXT. TAG. WIESE
(Das nächste Footballspiel. Wie immer trägt niemand Schutzkleidung und wie immer ist der Begriff "Foul" ein Fremdwort. Die Spieler produzieren ein höllischen Lärm und stürzen sich wieder auf denjenigen, der den Ball hat.)

Nur hin und wieder.

KEVIN: Paul, wo warst du? Du wolltest doch neben mir laufen.

PAUL: Ich bin gestolpert. Auf dem Boden kann kein Mensch laufen!

[Randy Mitchell liegt immernoch am Boden.]

JUNGE: Hey Randy, alles okay?

[Auf der nahegelegenen Straße fährt langsam ein silber-metallic-farbener Wagen vorbei.]

PAUL: Kevin, ist das nicht der Wagen deiner Mutter?

[Kevin beobachtet den Wagen.]

KEVIN [überrascht]: Ja.

Komisch. Sie fuhr sonst nie hier vorbei.

CRAIG [zu Kevin]: Okay. Euer Ball. Macht was draus!

Aber Norma würde mir nie hinterherspionieren. Sie muß wohl einen anderen Grund gehabt haben.

INT. TAG. BIOLOGIERAUM
(Mr. Cantwell berichtet über das Verhalten von Tieren und zeigt dazu Videos. Kevin sitzt schräg vor Paul.)

MR. CANTWELL: Instinkt - die biologische Triebfeder jedes Wesens. Warum kämpft sich das Lachsweibchen gegen die Strömung? Nur, um abzulaichen und dann vor Erschöpfung zu sterben.

PAUL: Vielleicht ist sie für deinen Vater zur Reinigung gegangen.

KEVIN [verwirrt]: Hä??

PAUL: Deine Mom.

MR. CANTWELL: Diese Stockente geht noch weiter. Sie verteidigt ihre Küken gegen die Giftschlange und setzt dabei ihr eigenes Leben auf's Spiel.

PAUL: Hoffentlich hat sie nicht mit meiner Mutter gesprochen.

KEVIN: Warum, Paul? Da ist doch nichts dabei, okay?

Das hoffte ich jedenfalls.

MR. CANTWELL: Im Angesicht seiner feindlichen und mörderischen Umgebung schleppt ein Pumaweibchen sein Junges an einen sicheren Platz.

PAUL: Okay, aber wenn du lieber nicht mehr spielst...Hey, es war ja nur ein Vorschlag!

KEVIN: Wieso aufhören? Wir tun ja schließlich nichts Unrechtes.

PAUL: Wenn ich daran denke, was meine Mutter mit mir macht, wenn sie's rauskriegt...

KEVIN: Wovor hast du denn solche Angst, Paul?

MR. CANTWELL: Natürlich kommt es auch vor, daß der Mutterinstinkt außer Kontrolle gerät.

[Auf dem Bildschirm setzt sich eine Ente auf ihr Küken, so als ob sie es wärmen wollte, während das Küken nur schreit.]

EXT. TAG. VOR DER SCHULE
(Paul, Kevin, Craig und Randy kommen aus der Schule. In diesem moment fährt der silbern-metallic-farbene Wagen vor.

Und dann...

PAUL: Hey Kevin, deine Mutter! Sieh mal!

Moment mal! Langsam wurde es wirklich peinlich.

KEVIN: Ich bin sofort wieder da.

CRAIG: Du kommst doch mit uns?

KEVIN: Ja...Wartet einen Augenblick!

[geht zum Auto und sieht durch das Beifahrerfenster]

NORMA: Komm rein.

KEVIN: Was!?

NORMA: Wir gehen einkaufen, Schatz.

KEVIN: Einkaufen!?

NORMA: Ja. Teeny-Mode hat alles runtergesetzt.

[Ein kurzes, schrilles Klingeln ist zu hören.]

Und plötzlich hörte ich die Alarmglocken.

KEVIN: Hör zu, äh...Mom, ich fahr heute mit dem Bus nach Hause. Da, die Jungs warten.

NORMA: Ich find, daß du neue Hosen brauchst.

KEVIN: Äh...laß doch mal - meine Hosen sind noch völlig okay. Ehrlich - wozu brauch ich neue, ich meine...sie sitzen klasse, sie sehen gut aus...Ich kann keine neue Hose gebrauchen.

[erleichtert] Na also. Ich hatte mich wohl klar ausgedrückt.

NORMA: Ich find, daß du neue Hosen brauchst.

INT. NACHMITTAG. GESCHÄFT
(Norma und Kevin werden in einem Kleidergeschäft von einem Verkäufer mittleren Alters beraten, der jedoch kaum etwas sagt, während Norma Hose um Hose für Kevin aussucht. Er muß jede davon anprobieren und kommt sich dabei wohl ziemlich lächerlich und gedemütigt vor.)

Mann - eine schäbige, kleine Lüge über Pizzasoße auf dem Sweatshirt, und was handelt man sich dabei ein? Hosen. Aber wenn Norma das brauchte, um mich kaltzustellen - bitte! Damit konnte man leben.

[Kevin kommt in einer zu langen und zu breiten, gräßlich gemusterten Hose aus der Umkleidekabine und stellt sich zum wiederholtsten Male vor Norma hin, um sich und die Hose zu präsentieren.]

VERKÄUFER [gereizt]: Ist das Modell gut?

KEVIN [gereizt]: Und wie. Wir werden sie nehmen.

NORMA: Ich bin noch nicht so überzeugt. In deinem Schritt ist noch so fürchterlich viel Platz.

[verärgert] Hey, Mann, kannst du das nicht noch etwas lauter sagen ? Nur für den Fall, daß es nicht jeder im Laden gehört hat.

[Ein Glockensignal ertönt.]

LAUTSPRECHER: Verehrte Kundschaft, ich bitte um ihre Aufmerksamkeit. In Kevin Arnolds Schritt ist noch fürchterlich viel Platz.

NORMA: Na siehst du - ist doch überhaupt nicht schlimm gewesen.

Es war die reinste Hölle! Aber ich hatte es überlebt. Die Rechnung war beglichen, Mom war glücklich und morgen war auch noch ein Tag. Ein neues Spiel, ein neues Glück.

INT. NACHMITTAG. IM AUTO
NORMA: Wir haben leider nicht genug Zeit.

KEVIN [argwöhnisch]: Wofür?

NORMA [lächelnd]: Um Schuhe zu besorgen. Du brauchst Schuhe, die zu all den neuen Hosen passen. Aber dann gehen wir eben morgen.

In dem moment wurde mir blitzartig die ganze schreckliche Wahrheit klar: Mom würde mich jeden Nachmittag zum Einkaufen mitschleppen - für den Rest meines Lebens.

KEVIN: Hör mal, Mom: Morgen spiel ich aber schon Football.

NORMA: Darüber können wir uns ja später noch unterhalten.

Äh äh. Das würden wir sofort klären. Hier und...

[Norma vollführt eine Vollbremsung und hält mit einer Hand Kevin fest, damit er nicht gegen die Frontscheibe schlägt.]

NORMA: Oh Gott!

[Der Wagen kommt wieder zum Stillstand.]

NORMA: Schatz, hast du dir was getan?

Es ist schon hart, wenn man sich als Mann behaupten will und die eigene Mutter noch 50 Pfund schwerer ist als man selbst. Mir blieb nur noch eine Möglichkeit: Die schwere Artillerie anfordern.

INT. ABEND. KÜCHE
(Jack kommt nach Hause und wird gleich an der Tür von Kevin abgefangen.)

KEVIN [bestimmt]: Dad, wir müssen uns unterhalten!

JACK [sieht überrascht auf Kevin hinab]: Hä?

Bis dahin hatte es niemand je gewagt, meinen Vater anzusprechen, bevor er seinen Aktenkoffer hingelegt hatte - aber ich mußte auf's Ganze gehen.

KEVIN: Fällt dir ein guter Grund ein, warum ich nicht mit meinen Freunden Football spielen kann? Ich wette, du hast früher auch ohne Schutzkleidung gespielt, als du noch klein warst. Und ich spiel jetzt schon eine ganze Weile, ohne daß was ernstes passiert ist. Die Jungs zählen heut auf mich, weißt du.

JACK: Und?

KEVIN [erwartungsvoll]: Also darf ich spielen oder nicht?

JACK: Klar, nur zu.

[hocherfreut] Volltreffer!

NORMA [als Jack auf dem Weg zum Wohnzimmer an ihr vorbeikommt]: Ich find den Einfall nicht so toll, Jack.

JACK [zu Kevin, ohne sich umzudrehen]: Du hast gehört, was deine Mutter gesagt hat.

In Ordnung. Das war's dann.

NORMA [fröhlich]: Also, ich werd dich morgen abholen, und dann kaufen wir dir Schuhe.

Die Grenzen waren klar gesteckt. Alles weitere war unausweichlich.

NORMA: Alles klar, Schätzchen?

Das war Krieg!

ORT DER HANDLUNG UNBEKANNT
CRAIG: Hey Arnold, ein hübsches Höschen!

KEVIN: Oh, danke. Schön, daß sie dir gefällt.

PAUL: Das war ein gutes Spiel, gestern.

CRAIG: Ja, Paul hat 'nen neuen Rekord aufgestellt. Die meisten Fehlpässe während eines Angriffsspiels. Wo bist du überhaupt gewesen?

KEVIN: Ich, äh...weißt du, äh...Ich und mein Dad...wir haben zusammen...den Wagen...repariert...Die Kerzen waren hinüber.

Ich fand, "die Jagd nach Sonderangeboten mit Mom" hörte sich irgendwie nicht so gut an.

CRAIG: Ja? Ist jetzt auch der Elektrodenabstand richtig?

KEVIN: Äh...ja!

PAUL: Wie hast du denn die Fingernägel wieder hingekriegt? Also ich renn immer ein paar Tage mit Dreck rum.

KEVIN [eilig]: Habt ihr wenigstens gewonnen?

PAUL: Nein, leider verloren. Wir hätten dich ganz dringend gebraucht. Jimmis Mutter hat ihn nicht spielen lassen. Ist sowas zu fassen?

RANDY: So ein Weichling.

PAUL: Heute bist du da, oder etwa nicht?

KEVIN [zögert kurz]: Ja natürlich.

PAUL: Na, klasse.

CRAIG: Gut. Genau das wollt ich hören.

PAUL: Hast du vielleicht Reinigungspaste...

KEVIN: **** weiterarbeiten, okay?

ORT DER HANDLUNG UNBEKANNT
PAUL: Jetzt wirst du deinem Schöpfer gegenüber treten.

Es war soweit. Zeit für eine Entscheidung. Norma hatte mir einen deutlichen Befehl gegeben: Ich sollte mich nach dem Klingeln vor der Schule mit ihr treffen. Oder hatte sie gesagt, wir treffen uns zu Hause?

INT. TAG. KÜCHE
(Kevin kommt durch die Seitentür in die Küche.)

KEVIN [ruft]: Mom? Mom, da bin ich schon! Hey Mom!

Mmh, das ist ja komisch.

KEVIN: Jemand zu Haus?

Es war gar nicht Mom's Art, mich zu vergessen, aber was soll's - Irren ist menschlich. Es wäre Quatsch gewesen, die Zeit mit Schuldzuweisungen zu verplempern. Besonders, wo es draußen noch so schön hell war.

EXT. NACHMITTAG. WIESE
(Die beiden Mannschaften sind, bis auf Paul, vollzählig. Aber der kommt gerade hinzu.)

CRAIG: Pfeiffer, na endlich.

PAUL: Ging nicht früher. Ihr habt doch nicht ohne mich angefangen, oder?

CRAIG [ironisch]: Natürlich nicht. Ohne dich wär's ja kein richtiges Oberligaspiel.

Jungs. Ständig mußten sie einander demütigen, ihre Gefühle verletzen...Gab es denn irgendwas schöneres?

[Eine Hupe ertönt. Norma's Wagen hält am Straßenrand und Norma steigt aus.]

Oh oh. Auf frischer Tat ertappt. Es gab nur eine Möglichkeit: In die Offensive gehen.

NORMA [ruft]: Kevin!

[Kevin läuft zu Norma, die neben dem Auto wartet.]

KEVIN: Mom!

NORMA: Kevin, was tust du eigentlich hier?

KEVIN: Ähm, ich...

NORMA: Wir hatten doch ausdrücklich verabredet, daß ich um drei vor der Schule auf dich warte.

KEVIN: Hab ich vergessen.

NORMA: Du hast es vergessen?!

KEVIN: Ja.

NORMA: Wie kannst du denn das vergessen, Kevin?

KEVIN: Weißt du, ich dachte, wir treffen uns nach Schulschluß zu Hause.

NORMA: Hast du wirklich geglaubt, das hätte ich gesagt?

KEVIN: Ja, ich bin nicht ganz sicher, ob du das gesagt hast oder nicht.

Diese Frau wußte sogar, was ich für Unterwäsche an hatte. Warum versuchte ich überhaupt, gegen sie anzukommen?

NORMA: Naja, wenn wir uns beeilen, schaffen wir's noch in den Laden.

KEVIN [schreit]: Nein! [ruhiger]: Ich komm nicht mit, Mom.

NORMA: Was?!

KEVIN: Ich spiele Football.

NORMA: Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, daß du nicht mehr spielen wirst?

KEVIN: Du weißt, daß ich das nie gesagt hab, Mom. Was hast du denn überhaupt gegen Football?

NORMA: Also Doug Porter sollte wirklich mit dem Football aufhören. Er hat solche Blasenprobleme...

KEVIN [entrüstet]: Blasenprobleme?!

Woher wußte sie denn das? Gab es ein Nachrichtennetz von Müttern, die hinter Bridgetischen und Einkaufswagen Geheimnachrichten über Blasenprobleme austauschten?

NORMA: Schatz, ich sorge mich doch bloß um dich.

KEVIN: Hast du denn nichts besseres zu tun, Mom? Hör bitte auf, mich wie ein Baby zu behandeln! Ich kann allein auf mich aufpassen.

[Pause.]

NORMA [gekränkt]: Wenn du gehen willst - nur zu! Los!

[Nach kurzem Zögern kehrt Kevin zu seinen Freunden zurück und spielt weiter. Norma steigt in den Wagen und fährt fort.]

Endlich war ich frei. Ich flog höher als ein Drachen. Ich war nicht mehr aufzuhalten.

[Schließlich schafft Kevin einen Touchdown. Sofort steht ihm Craig gegenüber.]

CRAIG: Noch ein Spiel!

KEVIN: Es wird langsam spät.

PAUL: Ja, richtig. Und kalt wird es auch. Ist doch so, oder?

CRAIG [herausfordernd]: Arnold?

KEVIN [entschlossen]: Noch ein Spiel! Verlierer fängt an. [gibt Craig den Ball]

CRAIG: Dann los.

PAUL: Ob das wirklich so eine gute Idee ist?

KEVIN: Ach komm, sei nicht so ein Weichling.

Hoppla. Das war vielleicht 'n bißchen grob.

KEVIN: Entschuldige. War nicht so gemeint.

PAUL: Schon okay.

Eben. Was soll's. Ich lief zu neuer Höchstform auf.

CRAIG [ruft]: Fertig?

Ja - ich hatte eine Schlacht hinter mir und ich hatte gewonnen. In Zukunft würden die Dinge anders liegen.

[das Spiel beginnt]

Ja, jetzt würde alles gut werden. - Und dann traf es mich wie ein Blitz. Um genau zu sein, Craig traf mich.

[Kevin stürzt, als er von Craig umgerannt wird. Craig stürzt auf ihn, Randy folgt Sekunden später.]

Dann Randy Mitchell und Mike Donovan. [auch der fällt.] Ab da hab ich aufgehört, mir die Namen zu merken.

[Immer mehr Spieler fallen oder stolpern ebenfalls über die anderen Spieler. Kevin liegt unter ihnen allen begraben.]

PAUL: Mann, das war wirklich wahnsinnig! Kommt, Jungs, steht auf! Kevin, du blutest ja!

CRAIG: Okay, euer Ball. Weiter geht's.

PAUL: Das reicht. Schluß jetzt, das Spiel ist vorbei.

CRAIG: Wer sagt das?

PAUL: Ich sag das. Wir vertagen es für heute - wegen der Dunkelheit. Jetzt ist Schluß, und damit wäre diese Sache erledigt. Ihr könnt alle nach Hause gehen. Na los!

DOUG: Ja, Paul hat recht. Ist ja auch Zeit.

RANDY: Genau. Ich muß zum Essen.

DOUG: Wir verlegen's auf morgen.

CRAIG: Hältst du dich für seine Mutter?

KEVIN: Hey, wartet mal. Es geht mir gut, ehrlich. Wartet, ist doch alles...

[sieht auf seine Hand, die anscheinend wirklich stark blutet]

KEVIN [leise]: ... bestens.

Aber das stimmte nicht. Ganz und gar nicht. Als ich nach Hause kam, brannte meine Hand wie ein Großfeuer.

INT. ABEND. KÜCHE
(Kevin betritt die Küche. Norma ist bereits da.)

NORMA [besorgt]: Schatz, bist du verletzt?

Ich wollte mit "Ja" antworten, das ich verletzt war, daß ich Trost brauchte...

KEVIN [leise]: Nein, Mom. Schon okay.

Und ich wußte, daß sie mich trösten wollte, damit alles wieder gut wird.

NORMA: Wir haben noch etwas Jod im untersten Fach vom Medizinschrank im Badezimmer. Und für den Verband ein paar Mullbinden.

KEVIN: Medizinschrank im Bad.

NORMA [zustimmend]: Mmh.

INT. ABEND. WOHNZIMMER
(Kevin sitzt am Tisch, so daß man hinter ihn in die Küche blicken kann, wo Norma beschäftigt ist. Kevin ist dabei, sich die linke Hand zu verbinden.)

Jeder Krieg fordert seine Opfer und jeder Sieg hat seinen Preis, aber das Leben geht weiter. Eigentlich änderte sich an diesem Abend nichts - nichts Bedeutendes, jedenfalls. Nur ein winziges Stück von etwas, das nie wieder so sein würde wie vorher. Niemals. Es ist gar nicht so einfach, sich mit einer Hand einen Verband zu wickeln. Aber früher oder später...lernt man es.

CLOSING TITLES



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07/22/01 21:35