Episode 14 - "Keiner mag dich, Wayne"

Transcript: Daniel Görlich



OPENING TITLES

OPENING SEQUENCE

INT. NACHT. KEVIN'S ZIMMER
(Kevin liegt wach in seinem Bett.)

Wenn man Kind ist, liegt man manchmal nachts wach und grübelt über Fragen, die sich Erwachsene schon längst nicht mehr stellen. Fragen wie: Was ist wohl, wenn man tot ist? Sind Raum und Zeit wirklich unendlich? Was gab es, bevor das Universum entstand?

(sieht zu seinem Bruder, der im Nachbarbett schläft)

Und: warum gibt es Leute wie Wayne?

WAYNE (grunzt im Schlaf): Blödmann!

Ich wurde nicht schlau daraus. Selbst wenn er schlief schien mein Bruder mich abgrundtief zu hassen. Ich nehme an, er nahm mir eine Sache wahnsinnig übel, die ich ihm schon sehr früh angetan habe: Ich wurde geboren.

(Alle Videoaufnahmen zeigen Kevin und Wayne, von Kevin's Geburt bis zur Gegenwart. In einer Szene sperrt Wayne den rund vierjährigen Kevin in eine Pappkiste; in späteren Aufnahmen schlägt er ihm mit der Faust auf den Arm.)

Doch damit nicht genug: Ich blieb auch noch da! Wayne bemühte sich redlich, sich darauf einzustellen, und so pendelte sich unsere Beziehung auf ein ziemlich festes Muster ein. Ich war immer der Meinung, das würde bis in alle Ewigkeit so bleiben.

(Kevin stellt sich sich selbst und Wayne als Greise vor, die auf einer Bank sitzen und ohne viel Kraft aufeinander einschlagen.)

Aber ich glaube, egal wie abgrundtief man von seinem Bruder gehaßt wird - und umgekehrt - es gibt immer etwas, was man für sich behält. Dinge, die man ihm an den Kopf werfen könnte. Aber man tut es nicht - und wenn der Haß auch noch so groß ist. Denn wirklich verletzen will man seinen Bruder nicht.

(Wayne wacht auf, dreht sich im Bett um und erblickt Kevin.)

WAYNE (verschlafen): Was glotzt du mich denn so dusselig an?

Bis die Sache, eines Tages, dann doch zu weit geht.

INT. TAG. KLASSENRAUM
(Mr. Cantwell zeigt Aufnahmen von der Explosion einer Atombombe und dem aufsteigenden Atompilz.)

SPRECHER: (im TV) Und so wird sich vielleicht einmal der Tag des Jüngsten Gerichts für die Menschheit ankündigen, mit einem grellen Blitz und einem riesigen Atompilz, der den Himmel verdunkelt.

(Der Lehrer schaltet den Fernseher ab und das Licht wieder ein.)

MR. CANTWELL: Damit wollen wir das Kapitel 7 aus "Der sterbende Planet Erde" abschließen. Sind noch Fragen offen? Um so besser. Nächste Woche folgt dann das Kapitel 8, "Radioaktivität und Mutationen - Wie hoch ist das Risiko?" Wir besprechen die Behauptung, daß eure Generation möglicherweise die bereits befürchtete dramatische Ausbreitung...dramatische Ausbreitung...

(zeigt Paul seinen Zettel, von dem er pausenlos abliest)

MR. CANTWELL: Kannst du das Wort lesen?

PAUL: Äh, sieht nach "Erkrankungen" aus.

MR. CANTWELL: Ah ja, natürlich - die Ausbreitung von Erkrankungen erleben wird, die Unfällen in der Atomnutzung...

Hey, Sunnyboy, nur keine Verharmlosung! Wir sind hart im Nehmen.

MR. CANTWELL: Jetzt zu etwas Erfreulicherem. Widmen wir uns unseren Anschauungsreferaten über Giftmüll und Umweltverschmutzung. Miss Clark, Miss Rodino, sind sie soweit?

PAUL (leise zu Kevin): Was machen wir denn nur?

KEVIN: Keine Ahnung.

(Miss Clark oder Miss Rodino: Wir schütten die gefährlichen Giftstoffe hier rein, lassen alles die Nacht über stehen und untersuchen dann die ökologischen Auswirkungen auf die Tiere und ihre Umgebung.

PAUL: Wir kommen heute sicher auch noch ran!

Paul's Besorgnis war verständlich. Unser Referat war heute fällig. Aber uns fehlte leider noch ein Ergebnis. Und eine Theorie. Ein Testobjekt wäre auch nicht schlecht gewesen. Oder noch 'n halbes Jahr Zeit.

MR. CANTWELL: Mr. Arnold, Mr. Pfeiffer.

KEVIN: Ähm, wir sind nicht ganz fertig geworden.

MR. CANTWELL: Ich verstehe. Gab es irgendwelche Probleme?

KEVIN: Ähm, unsere Ergebnisse...sind nicht ganz schlüssig.

PAUL (zustimmend): Ja.

MR. CANTWELL: Gut, was soll's. Aber ich gehe davon aus, Montag früh könnt ihr etwas vorweisen. Ist das soweit klar?

PAUL (erleichtert): Ja, Sir.

MR. CANTWELL: Und nun: "Smog und Lärmbelästigung". Mr. Fischer, bist du bereit?

(Ein Junge mit einem riesigen Gerät auf dem Rücken kommt nach vorne und schaltet das Gerät - möglicherweise eine Kettensäge - ein. Es produziert einen höllischen Lärm.)

INT. TAG. BIOLOGIERAUM
(Kevin versucht, ein geeignetes Testobjekt und ein Experiment auszuwählen, während Paul sich weit mehr für die in Käfigen eingesperrten Versuchstiere interessiert, speziell für die Hamster.)

KEVIN: Hier, das scheint leicht zu sein.

PAUL: Machen wir doch eins mit diesen kleinen Kerlchen.

(deutet auf die Hamster)

KEVIN (skeptisch): Mit Hamstern?

PAUL (begeistert): Ja, die sind niedlich.

KEVIN: Nein, das macht zuviel Umstand. Lieber was einfaches.

PAUL: Ja, was denn?

KEVIN: Pilze!

PAUL (skeptisch): Pilze??

KEVIN: Ja.

PAUL: Das ist ja eklig.

KEVIN: Aber leicht.

PAUL (entschieden): Ich sag dir, ich mach kein Experiment mit Pilzen. Ich will mit Tieren arbeiten.

(spielt mit den Hamstern.)

Paul's Mutter hatte was gegen Haustiere, daher wohl sein Nachholbedarf. Einmal hab ich ihn erwischt, als er im Kaufhaus die Angorapullover gestreichelt hat. Das war uns beiden ziemlich peinlich.

KEVIN: Also, ich weiß nicht.

PAUL (zu einem Hamster): Hallo. Hey, hallo Kleiner. Ja, du. Ja, mit dir red ich.

Hatte ich denn ein Herz aus Stein?

KEVIN: Überredet - wir nehmen die Hamster.

PAUL: Ja, toll, nicht? Habt ihr das gehört? Wir nehmen euch mit nach Hause.

KEVIN: Aber das wird ein wissenschaftliches Experiment, Paul. Das sind für uns keine Schmusetiere.

PAUL: Oh ja, klar. Das versteh ich.

(wieder zu den Hamstern)

PAUL: Und ihr Kleinen versteht das auch, oder ? Ihr versteht jedes Wort, jedes Wort.

INT. NACHMITTAG. SCHULBUS
(Kevin und Paul sitzen nebeneinander im Schulbus. Paul kümmert sich um die beiden Hamster.)

KEVIN: Ich würde sie nicht rauslassen, sonst sind sie nachher noch weg.

PAUL: Ach was, die hauen nicht ab. Die mögen uns.

KEVIN: Wenn du sie verlierst, wird Cantwell uns erschlagen.

(Wayne ist gerade in den Bus eingestiegen und kommt nach hinten zu Kevin und Paul.)

WAYNE: Keine Angst, ich beschütze sie für euch.

(Pl”tzlich schnappt Wayne sich einen der Hamster.)

KEVIN (schreit): Ey, Wayne!

PAUL (schreit dazwischen): Laß den Quatsch! Hör auf damit! Du tust ihnen weh! Laß ihn in Ruhe!

WAYNE: Der Kerl wehrt sich. Das müssen wir ihm austreiben.

KEVIN: Wayne, gib ihn wieder her!

(Wayne hält den Hamster aus dem Fenster. Kevin und Paul verstummen.)

WAYNE (selbstgefällig): Keinen Schritt näher. Wär doch ein Jammer, wenn eurer blöden Ratte was zustößt.

PAUL: Das ist ein Hamster!

WAYNE: Ein Hamster! Hochinteressant. Landen Hamster auf den Füßen, wenn sie runterfallen!

KEVIN (schreit): Wayne!

Wir brauchten Hilfe. Wir brauchten eine Waffe, eine mächtige, wirkungsvolle Waffe. Wir brauchten...

(Kevins Blick fällt auf ein Mädchen, das gerade mit einigen Freundinnen in den Bus eingestiegen ist und ebenfalls zu einer der hinteren Bänke will.)

Angela Chompski.

KEVIN: Wayne, da ist deine Freundin! Hallo Angela!

ERZÄHLER (lacht selbstzufrieden): Das letzte, was er wollte, war, von seinem kleinen Bruder vor Angela Chompski zum Affen gemacht zu werden.

(Wayne setzt sich auf die Bank vor Angela und hält ihr den Hamster vor die Nase.)

WAYNE (mit piepsiger Stimme): Hallo Angela.

Nein, er machte sich lieber selbst vor Angela Chompski zum Affen.

KEVIN: Wayne, gib ihn her. Du wirst ihn noch zerquetschen.

WAYNE: Hey! Marsch zurück - oder der kleine Kerl ist dran.

(Wayne hält den Hamster dicht vor Angela's Brust.)

WAYNE: Mmh, was seh ich denn da? Was ist denn das? Na sowas. Das sind ja die Zwillingshüpfer von...

(Angela's Freundinnen lachen amüsiert. Angela selbst ist weniger begeistert.)

WAYNE (normale Stimme; zu Angela): Oh, dieser kleine Lümmel ist dir doch nicht zu nahe getreten, hoffe ich, denn ansonsten...(mit piepsiger Stimme) Ich möchte so gern bergsteigen gehen, Onkel Wayne. (normale Stimme) Oh, oh, oh. Hamster außer Kontrolle. Hamster außer Kontrolle!

KEVIN (schreit): Wayne!

WAYNE: Alarmstufe Rot!

KEVIN (schreit): Wayne!

WAYNE: Alarmstufe Rot!

KEVIN (schreit): Wayne!

WAYNE (ruhig): Was denn?

INT. ABEND. KÜCHE
(Kevin und Paul sitzen am Küchentisch. Vor ihnen steht der Hamsterkäfig mit den beiden Hamstern und ein kleines Papplabyrinth.)

PAUL: Okay, der Einfluß falscher Ernährung auf Versuchshamster. Wir geben den Testhamstern Kartoffelchips mit Konservierungsstoffen. Diese hier. Der Vergleichshamster kriegt normale Hamsternahrung. Dann vergleichen wir die Zeitspanne, in der die beiden Hamster das Labyrinth durchqueren. - Die sind wegen vorhin immernoch aufgeregt. Wuschel atmet unheimlich schnell und äh...Flauschi hat...ich meine, äh, das Vergleichsobjekt hat einen...Schluckauf. Machen wir lieber bei mir zu Hause weiter.

KEVIN: Sei ganz locker. Wayne wird sich schon zurückhalten. Mom und Dad sind doch zu Hause.

(Norma kommt aus dem Wohnzimmer in die Küche. Ihre Schuhe verursachen ein lautes, schleifendes Geräusch auf dem Fußboden.)

Oh nein! Das Geräusch kannt' ich doch.

KEVIN: Mom, du hast ja Hackenschuhe an.

Das konnte nur eins bedeuten:

NORMA: Dein Vater und ich gehen aus, Schätzchen.

Ich wußte es!

WAYNE: Los Jungs, schafft die Ratten aus der Küche raus!

PAUL: Das sind Hamster.

KEVIN: Mom hat es uns aber erlaubt.

WAYNE: Mom, du läßt die noch nicht wirklich mit ihrem blöden Experiment in der Küche!

NORMA: Ich habe ihnen schon gesagt, daß sie das dürfen.

WAYNE (setzt sich an den Tisch): Aber Angela kommt nachher vorbei.

KEVIN (sarkastisch): Angela kommt vorbei! Ja, Wayne, davon träumst du.

WAYNE: Und wenn du vor Neid im Dreieck hüpfst, Kröte. Sie ist scharf auf mich. Und jetzt verdrück dich!

KEVIN: Verdrück dich selber, Idiot!

WAYNE: Ich drück dir gleiche eine!

KEVIN: Ach wirklich?

WAYNE: Ja, wart's nur ab.

KEVIN: Laß mich in Ruhe, du blöder...

NORMA: Können euer Vater und ich nicht mal zwei Stunden aus dem Haus, ohne daß ihr euch gegenseitig an die Gurgel geht?

Äh äh!

NORMA: Wayne, du und Angela, ihr geht ins Wohnzimmer. Und Kevin und Paul bleiben in der Küche.

WAYNE: Mom, du kannst doch die Viecher nicht in der Küche lassen. Ich meine, wir essen hier drin, oder?

NORMA: Also, mich stören sie nicht.

WAYNE: Diese Biester stinken und sind schmutzig...

PAUL: Die sind sauber! Die stinken nicht.

WAYNE: Sie hinterlassen überall diese kleinen Hamsterködel. Und sie kriechen hinter die Tapeten und vermehren sich.

(Norma sieht die Hamster argwöhnisch an.)

Wayne wußte genau, wie man meine Mutter anpackt. Wenn sie vor etwas Angst hatte, dann, daß Tiere hinter ihre Tapeten kriechen und sich dort vermehren könnten.

NORMA: Kevin, ich möchte, daß ihr sie im Käfig behaltet. Hast du verstanden?

KEVIN: Ja, Mom.

NORMA: Ich werde den Staubsauger rausholen, dann kannst du hinterher alles wegsaugen.

(Norma geht ins Wohnzimmer zurück.)

WAYNE: Ganz egal, was Mom sagt: Sobald sie draußen sind, seid ihr auch draußen, Blödsack.

KEVIN: Werden wir ja sehen, Blödsack!

WAYNE: Verlaß dich drauf, Hosenscheißer.

Es stand ziemlich schlecht. Ich brauchte Hilfe im großen Stil.

(Jack kommt in die Küche.)

KEVIN: Dad, Mom hat erlaubt, daß wir unser Referat hier drin machen. Jetzt fängt Wayne an...

JACK: Davon will ich nichts hören. (ruft nach draußen) Karen, du nimmst das in die Hand!

(Norma und Karen haben inzwischen auch wieder die Küche betreten.)

Karen??

NORMA (zu Karen): Schatz, können wir uns auf dich verlassen?

KAREN: Keine Sorge, Mom. Jetzt geht, sonst verpaßt ihr noch den Anfang.

NORMA: Bye. Also dann macht's gut, ihr lieben.

(Norma und Jack gehen durch die Hintertür nach draußen und in Richtung Garage. Karen späht ihnen hinter dem Vorhang hinterher.)

Das mußte ja so kommen. Meine letzte Hoffnung auf eine friedliche Koexistenz lag in den Händen dieses siebzehnjährigen Hippiemädchens. So verrückt, wie es klingt: Mich überkam plötzlich ein starkes Vertrauen in meine Schwester.

(Anscheinend sind Norma und Jack weggefahren. Karen läßt den Vorhang los und streift sich eine Jacke über.)

KAREN: Ich muß auch los. Ihr werden das schon machen.

(Später...)

WAYNE: Na Jungs, wie sieht's aus? Wie ist denn die Lage? Dad ist weg, Mom ist weg, Karen ist weg. Wer kommt denn in der Hierarchie als nächster? Aber natürlich! Die Sache ist ja ganz einfach: Nach Karen komme ich und ich sage euch, daß ihr beide sofort aus der Küche verschwindet.

KEVIN: Verschwinde du doch.

WAYNE: Oh, ich hatte gehofft, daß sich das vermeiden läßt.

(Wayne schnappt sich einen der Hamster.)

KEVIN: Hör auf damit, Wayne!

PAUL: Laß Wuschel in Ruhe!

WAYNE: Wuschel?! Och, wie süß. Wir wollen doch Wuschel nicht weh tun, oder?

KEVIN (steht auf): Gib ihn wieder her, oder...

WAYNE: Oder was?

Was soll man darauf sagen? Der Kerl war ungefähr 4000 Pfund schwerer als ich.

KEVIN: Oder ich hol ihn mir.

PAUL (stellt sich neben Kevin): Oder er holt ihn sich, verstanden?

(Wayne und Kevin beginnnen wieder, sich zu prügeln, aber Wayne läßt den Hamster nicht los.)

WAYNE: Bleib wo du bist! Zurück!

(Wayne schaltet den Müllzerkleinerer im Waschbecken ein und hält den Hamster drohend über den Abfluß. Kevin weicht zurück.)

KEVIN: Das traust du dich ja doch nicht.

WAYNE: Na seht mal her.

(Wayne wirft eine Mohrrübe in den Abfallzerkleinerer und hält dann den Hamster noch dichter über den Abfluß.)

PAUL (zu Kevin): Tu doch was!

KEVIN: Willst du mir Angst machen, Wayne?

WAYNE: Gleich ist es soweit...

KEVIN: Okay, okay.

WAYNE: Sag: "Ich gebe auf, mächtiger Wayne, mein Herr und Meister."

KEVIN: Sonst noch was?

WAYNE: Mmh, die Messer drehen sich ja unheimlich schnell. Die kann man ja kaum noch sehen.

PAUL (zu Kevin): Los, mach schon was!

KEVIN: Ich gebe auf, mächtiger Wayne, mein Herr und Meister. Jetzt schalt es aus!

WAYNE: Erstmal sammelst du deinen blöden Krempel hier ein, trägst ihn in dein Zimmer und machst schnell die Tür zu. Und für den Rest des Abends will ich keinen mehr von euch beiden hier sehen.

KEVIN: Gib mir den Hamster!

WAYNE: Der Hamster bleibt solange hier, bis du verschwindest. Und dann kriegt ihn dein kleiner wissenschaftlicher Assistent.

(Kevin schnappt sich das Labyrinth und den restlichen "Krempel".)

WAYNE: Ich wußte doch, ihr seid vernünftig. Ich will etwas Kooperation sehen.

KEVIN (ruft von seinem Zimmer aus): In Ordnung, gib ihn raus!

WAYNE (ruft zurück): Erst mußt du ganz drin sein und keine Sekunde früher.

KEVIN: Ich bin jetzt drin.

WAYNE: Paul, geh nachsehen.

(Paul späht durch den Eingang der Küche hindurch.)

PAUL: Er ist in seinem Zimmer.

WAYNE: Laß dich heut nicht mehr hier blicken, Pfeiffer!

(Wayne gibt Paul den Hamster und Paul verläßt die Küche so schnell er kann.)

INT. ABEND. KevinS ZIMMER
(Kevin geht wütend in seinem Zimmer auf und ab, während Paul ihn beobachtet.)

KEVIN (zwischen zusammengebissenen Zähnen): Eines Tages bring ich den Kerl um! Ich prügele das Hirn aus seinem Schädel. Ich zerfetz ihn in der Luft.

Reiß ihm die Ohren ab und spiel mit seinen Augäpfeln Murmeln.

PAUL: Alles okay, Wuschel?

KEVIN: Ich...Ich...

Dreh ihm Arme und Beine auf den Rücken und mach einen großen Knoten.

PAUL: Komm schon, Kevin, wir müssen ihnen Futter geben.

Was? Ach ja, richtig. Futter.

KEVIN: Das nächste Mal geb ich auf keinen Fall nach. Egal, was er dann veranstaltet.

INT. ABEND. KÜCHE
(Wayne telefoniert.)

WAYNE: Hallo Angela. Hier ist Wayne. Ich habe heute abend gerade sturmfreie Bude, also was hälst du davon, wenn du mal vorbeiguckst?

INT. ABEND. KEVIN'S ZIMMER
(Paul und Kevin sitzen auf dem Bett und fertigen eine Tabelle für ihre Ergebnisse an.)

PAUL: Am besten, wir machen noch eine Spalte. Dann können wir die Ergebnisse nebeneinander setzen.

KEVIN: Ja gut.

PAUL: Um einen Vergleich zu haben. (zum Hamster): Dididididi...

KEVIN: Paul?

PAUL: Entschuldige.

KEVIN: Kann's weitergehen?

PAUL: Klar.

KEVIN: Wie lange hat er zuletzt für das Labyrinth gebraucht?

(Paul beschäftigt sich schon wieder mit dem Hamster und scheint Kevin überhaupt nicht zu hören.)

KEVIN: Paul!

PAUL: Ob das Experiment ungefährlich ist?

KEVIN: Natürlich. Mr. Cantwell würde es gar nicht zulassen, wenn es gefährlich wäre.

PAUL: Nein, ich meine für Wuschel und Flauschi.

KEVIN: Denen geht's bestens...Niedlich sind sie ja schon, nicht?

PAUL: Er läßt sich gern hinter den Ohren kraulen.

KEVIN: Hallo du. Hallo! Na, du bist ein richtiger kleiner Süßer.

PAUL: Na, du kleiner!

(Kevin räuspert sich.)

KEVIN: Also gut, sehen wir uns die Daten an.

PAUL: Ja. Die Daten.

KEVIN: Ja ja.

PAUL: Ja ja.

KEVIN: Okay. So. Als nächstes untersuchen wir die Reaktion der Versuchsobjekte auf stark gezuckerte Getränke.

PAUL: Okay.

KEVIN: Wo ist die Kirschlimonade?

PAUL (fröhlich): Oh, die ist in der...(leise): Küche.

(Kevin steht auf, um in die Küche zu gehen.)

PAUL: Aber du kannst da nicht wieder rein. Wayne hat gesagt...

KEVIN: Hey, ich wohne hier schließlich auch. Er hat uns gar nichts zu verbieten.

INT. ABEND. KÜCHE
(Wayne telefoniert immer noch. Kevin kommt in die Küche und bleibt am Eingang stehen.)

WAYNE: Ach komm, Angela. Versprochen ist versprochen...Also ich fand, dein Haar war recht sauber. Ich sag dir was: Ich werd dir deine Haare waschen und hinterher trockenpusten. Überleg's dir, Angela. Ich rufe so lange an, bis du ja sagst. Ich werd dir das Leben zur Hölle machen. Ich werde bitten und betteln, bis du nicht mehr anders kannst als...Wirklich? (überrascht und glücklich): Du kommst wirklich vorbei? Okay, alles klar. Wir sehen uns in zehn Minuten.

(Wayne hängt auf und tanzt. Als er Kevin erblickt, der immernoch im Eingang steht, bleibt er stehen.)

WAYNE: Was glotzt du so, Hosenscheißer? Ich dachte, ich hätte dir gesagt, in welche Zimmer du darfst und in welche nicht. Oder bild ich mir das nur ein? Komisch, ich hätte Stein und Bein schwören können.

KEVIN: Angela scheint wirklich unheimlich scharf auf dich zu sein. Sie konnte es ja kaum abwarten.

WAYNE: Ach, halt die Schnauze, Blödsack!

(Kevin nimmt eine Flasche aus dem Kühlschrank.)

KEVIN: Ganz ruhig, ganz ruhig! Wir sind wohl etwas angestochen, häh?

INT. ABEND. KEVIN'S ZIMMER
(Paul beobachtet das Versuchsobjekt.)

PAUL: Er wird ja ganz orange!

KEVIN: Das kommt von den Erdnußflips. Siehst du, das geht ganz leicht wieder ab.

PAUL (seufzt erleichtert): Oh.

KEVIN: Okay.

PAUL (zum Hamster): Na, geh rein.

KEVIN: Gut, jetzt können wir die Herzfrequenz messen.

PAUL: Nein, nein, nein. Noch nicht.

KEVIN (verdutzt): Wieso nicht?

PAUL: Er kann es nicht leiden, wenn du ihn hochnimmst, nachdem er gegessen hat. Davon kriegt er wohl Bauchschmerzen.

Paul verlor nun auch noch den letzten Hauch von Objektivität gegenüber dem Experiment. Dem mußte ich einen Riegel vorschieben, bevor uns die Sache ganz aus der Hand glitt.

KEVIN: Vielleicht hast du recht. Gönnen wir ihm ein Verdauungsnickerchen.

Na gut, das war wohl ein ziemlich mickriger Riegel. Aber die Zeit hatten wir nun auch noch. Ich wollte das kleine Kerlchen ja nicht quälen.

INT. ABEND. WOHNZIMMER
(Wayne setzt sich auf die Coach, nachdem er alles für Angela's Besuch vorbereitet hat. Auf dem Tisch stehen etwas Knabberzeug und einige Flaschen.)

WAYNE (übt; machomäßiger Ton): Au Angela. Schön, daß du's geschafft hast. Es war ja etwas kurzfristig, aber ich mußte dich einfach sehen.

(Wayne wartet und wartet und wartet. Die Zeiger einer Uhr drehen sich im Zeitraffer. Als sie anhalten, hängt Wayne halb betrunken auf der Couch und rülpst. Die Flaschen auf dem Tisch sind leer, das Knabberzeug ist alle.)

INT. ABEND. KEVIN'S ZIMMER
(Paul beobachtet besorgt den Versuchshamster, der sich wieder einmal durch das Labyrinth quält.)

PAUL: Er sieht nicht mehr sehr frisch aus.

KEVIN: Er ist auch viel langsamer.

(Der Hamster hat eine falsche Abbiegung genommen und befindet sich nun in einer Sackgasse.)

PAUL (ruft): Nein Wuschel, nicht da lang!

KEVIN: Du darfst ihn nicht beeinflussen!

PAUL: Sackgasse, Sackgasse!

KEVIN: Du darfst ihm nicht helfen, Paul!

PAUL: Er ist durcheinander! Ich weiß auch, wieso: Diese Ernährung schafft den Ärmsten.

KEVIN: Deshalb machen wir ja das Experiment.

PAUL: Wir spielen Gott, siehst du das nicht?

(Paul nimmt den Hamster aus dem Labyrinth.)

KEVIN: Paul!

PAUL: Dazu haben wir nicht das Recht. Es ist unnatürlich.

KEVIN: Paul! Er kriegt doch von uns kein Gift. Millionen von Menschen essen jeden Tag so'n Zeug.

PAUL: Na, das ist doch nicht seine Schuld.

KEVIN: Gut. Wir schicken ihn nochmal durch's Labyrinth. Dann setzen wir ihn wieder in seinen...

PAUL: Er braucht dringend 'nen Schluck klares Wasser.

KEVIN: Wir wollten ihm doch aber nur die Süßig...

PAUL (bestimmt): Dieses Tier kriegt ab sofort nur noch Wasser!

Man konnte mit Paul nicht mehr vernünftig reden.

KEVIN: In Ordnung. Ich hol ihm etwas Wasser.

PAUL: Und ein bißchen Alka Selza!

INT. ABEND. KÜCHE
(Wayne telefoniert schon wieder.)

WAYNE: Wo steckst du, Angela? Ich dachte, du kommst vorbei...Oh. Ist das dein Ernst?...Ach, das ist doch kein Hinderungsgrund. Sowas mach ich auch andauernd...Angela, komm doch. Komm doch noch her...Bitte. Oder kann ich vielleicht zu dir kommen?...Angela!...Angela?

(Angela hat aufgelegt. Wayne legt ebenfalls auf. Kevin hat die ganze Unterhaltung vom Eingang aus mit angehört. Wayne bleibt traurig auf dem Stuhl sitzen, ohne ihn zu bemerken.)

INT. ABEND. KevinS ZIMMER
(Kevin kommt ohne Getränke zurück.)

PAUL: Wo ist das Wasser?

KEVIN: Vergiß es.

PAUL: Aber er braucht doch ein Glas Wasser.

KEVIN (genervt): Paul, schließen wir das Experiment ab.

(Wayne tritt von außen die Zimmertür auf. Er trägt einen Helm und hat den Staubsauger in der Hand.)

WAYNE: Hamsterpatrouille!

KEVIN (wütend): Los, raus hier, Wayne!

WAYNE (immitiert Kevin): Los, raus hier, Wayne!

(Wayne schaltet den Staubsauger ein.)

WAYNE: Unsere Mom sagt, wir sollen sorgfältig hinter den kleinen Teufeln her saugen.

KEVIN: Gib her den Sauger!

(Kevin versucht, Wayne aufzuhalten, schafft es aber nicht. Inzwischen befreit sich der Hamster aus Paul's Hand und rennt unter das Bett.)

KEVIN: Wayne, verschwinde hier!

WAYNE: Arbeit, Arbeit, Arbeit - das ist alles, was ich habe. Arbeit von morgens bis abends.

KEVIN: Hör auf! Du tust ihnen noch weh.

WAYNE: Aber das würd ich doch nie tun. Ich versuche doch nur...

(Ein kurzes Pflop ertönt, als Wayne den Staubsauger unter das Bett hält. Der Staubsauger macht Töne, als sei der verstopft. Kevin und Wayne halten vor Schreck inne, als ihnen klar wird, Wer das Staubsaugerrohr verstopft.)

PAUL: Wuschel! Oh nein!

(Wayne schaltet den Staubsauger ab. Für einige Sekunden herrscht fassungsloses Schweigen.)

In diesem Augenblick, als ich meinen Bruder so ansah, gab es in mir einen Knacks. Ich haßte ihn nicht so wie sonst. Ich haßte ihn wirklich. Ich haßte alles an ihm. Plötzlich war mir völlig egal, was hinterher daraus wird - mir war alles egal. Ich wollte ihm nur weh tun.

KEVIN: Weißt du, warum Angela nicht kommen wollte?

WAYNE (ziemlich kraftlos): Halt die Klappe.

KEVIN: Weil sie dich nicht leiden kann, Wayne.

WAYNE: Halt's Maul.

KEVIN: Sie kann dich nicht leiden. Niemand kann dich leiden.

WAYNE: Halt die Klappe!

KEVIN: Nein! Du bist vielleicht ein bißchen größer und stärker als ich bin, aber weißt du was, ich habe Freunde! Niemand kann dich ausstehen, Wayne. Das ist der Grund, warum du die ganze Zeit zu allen so gemein bist: Weil dich niemand mag!

(Wayne redet ihm nicht mehr dazwischen. Im Gegenteil. Zum ersten Mal, seit wir ihn kennen, weint Wayne.)

KEVIN (haßerfüllt): Du bist das letzte!

(Eine Atombome explodiert und in nicht endendem Getöse steigt der Atompilz gen Himmel auf.)

EXT. TAG. GARTEN
(Kevin und Paul stehen vor einem kleinen Loch, das sie gebuddelt haben und gewähren Wuschel eine feierliche, militärische Beerdigung.)

PAUL: Er ließ sein Leben im Dienste der Wissenschaft.

(Paul fängt an zu schniefen.)

KEVIN: Ist ja gut.

PAUL (weinerlich): Wuschel!

EXT. TAG. STRASSE
(Kevin sitzt allein auf einer Bank am Straßenrand.)

Während der nächsten Tage sah ich Wayne nicht besonders oft. Ich ließ mich auch selten zu Hause blicken, damit ich ihm nicht über den Weg laufe.

(Wayne ist unbemerkt zu der Bank gegangen. Er zögert kurz.)

WAYNE: Was machst du hier?

KEVIN: Gar nichts. Was machst du hier?

WAYNE: Geht dich überhaupt nichts an.

(Schweigen. Schließlich hält Wayne es nicht mehr aus.)

WAYNE: Es tut mir echt leid, okay? Was willst du von mir hören? Es tut mir leid!

KEVIN: Ja. Das war eine unheimlich dusselige Aktion!

WAYNE: Mir ist das auch klar. Wofür hältst du mich? Für einen Idioten?

(Kevin sieht Wayne kurz an, so als ob er ihm mit einem Ja antworten wollte, sagt dann aber doch nichts.)

WAYNE: Du denkst, es ist Absicht gewesen, oder?

(Kevin antwortet nicht.)

WAYNE: Denkst du das wirklich?

KEVIN (nach langer Pause): Nein. (Pause) Ich hätte das alles nicht sagen sollen.

(Schweigen.) WAYNE: Ich werd nach Hause gehen, okay? Willst du mitkommen?

KEVIN: Ja, in Ordnung.

(Kevin steht auf. Er und Wayne laufen langsam die Straße entlang.)

Als mein Bruder und ich an diesem Tag nach Hause gingen, wußten wir wohl beide, daß es zwischen uns nie wieder so sein würde wie vorher. Ab jetzt würde alles komplizierter werden. Nun wußten wir beide, daß ich ihn verletzen konnte. Das komische daran war: Ich konnte mich nicht einmal darüber freuen.

(Kevin schlägt Wayne einfach mal so sanft die Faust an den Arm. Wayne schlägt sanft zurück, und nach einigen weiteren Schlägen liegen Wayne und Kevin wieder im Gras und prügeln sich.)

CLOSING TITLES



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07/18/01 18:25