Folge 75: Brüderlich geteilt
Drehbuch: Sy Rosen



OPENING TITLES
OPENING SEQUENCE
Die Eröffnungssequenz zeigt Bilder von Politikern, die sich die Hände schütteln, von Demonstranten, Anhängern verschiedener Religionen, einen Basketballspieler, der sich bei einem Treffer an den Korb hängt und ihn dadurch zertrümmert, usw.

ERZÄHLER: Die siebziger Jahre waren eine Zeit voller unwahrscheinlicher Ereignisse, ungewöhnlicher Begebenheiten, unerwarteter Vorfälle. Aber nichts war annähernd so unwahrscheinlich ...

EXT. MORGEN. SCHULBUS
KEVIN beobachtet vom Eingang der Schule aus mit einem seiner Freunde, genannt PURDLE the Turtle, wie WAYNE neben der Eingangstür des Schulbusses wartet. Schließlich kommt ein hübsches Mädchen, SANDY Tyler heraus, umarmt ihn und küßt ihn.

ERZÄHLER: ... wie mein Bruder und seine neue Freundin.

PURDLE: Warum verabredet sich Sandy Tyler dauernd mit deinem Bruder ?

KEVIN: Was weiß ich !

PURDLE: Was wird das ? So 'ne Art wissenschaftliches Experiment ?

KEVIN: Was weiß ich.

ERZÄHLER: Es war unerklärlich. Sandy Tyler war offenbar eine intelligente Elftklässlerin - sie war klug, sie war hübsch ...

PURDLE: Sie hat nicht alle Tassen im Schrank !

ERZÄHLER: Diese Erklärung war so gut wie jede andere.

[SANDY und WAYNE kommen Arm in Arm zu KEVIN hinüber.]

WAYNE: [freundlich] Hi Kevin ! Wie läuft's denn ?

SANDY: Hi Kevin !

KEVIN: Hi ! Geht's dir gut ?

SANDY: Ja, danke. [sieht ein Buch in KEVINs Hand] Oh, das kenn ich. Das mußten wir letztes Jahr auch lesen.

KEVIN: Tja, es ist wirklich ...

SANDY: Dick ?

KEVIN: Ja ! - Es ist wirklich dick.

SANDY: Und blöd ! Eine Frau läßt sich nur einmal von der Liebe verführen und wird gleich von allen Leuten geächtet ! Diese Stadt sieht das irgendwie zu eng. Stimmt's, Wayne ?

WAYNE: [unwissend] Äh ... äh ... Ohne Zweifel !

[Es klingelt.]

ERZÄHLER: Es war verblüffend.

WAYNE: Na ja. Wir müssen jetzt los.

SANDY: Okay.

WAYNE: Komm !

SANDY: [zu KEVIN] Wiedersehen !

ERZÄHLER: Dank eines phantastischen kosmischen Glücksfalles hatte mein Bruder das Paradies gefunden: Ein Mädchen mit Charme, ein Mädchen mit Stil ...

INT. ABEND. WOHNZIMMER
Die ganze Familie Arnold, außer natürlich KAREN, die am College ist, sitzt am Eßtisch im Wohnzimmer - und zusätzlich, neben WAYNE , ist da auch noch SANDY.

ERZÄHLER: Ein Mädchen, das sich benehmen konnte.

SANDY: Das schmeckt herrlich, Mrs. Arnold !

WAYNE: [mit vollem Mund] Ja. Es ist ... superb !

NORMA: Oh. Vielen Dank !

[JACK zieht eine Grimasse und bewegt lautlos den Mund, so als wollte er fragen, was mit WAYNE los sei. KEVIN antwortet auf dieselbe Art, daß er keine Ahnung hat.]

ERZÄHLER: Es ist überflüssig zu sagen, daß das ein Schock war ! Ich war geschockt, Dad war geschockt ...

[ NORMA lächelt glücklich und zufrieden in WAYNEs Richtung.]

ERZÄHLER: ... nur meine Mutter schien das erwartet zu haben.

NORMA: Wo habt ihr euch überhaupt kennengelernt ?

SANDY: [zu WAYNE] Laß mich erzählen ! Ich wollte schnell in die Klasse und bin auf der Treppe ausgerutscht. Ich war im Fallen und - na ja, ganz plötzlich ... stand Wayne da.

WAYNE: Ich Glückspilz !

JACK und KEVIN: Allerdings !

ERZÄHLER: Ja, gesellschaftlich gesehen hatte sich Wayne wirklich verbessert.

[WAYNE rülpst, aber immerhin hält er sich dabei die Hand vor den Mund.]

INT. TAG. SCHULRAUM
ERZÄHLER: Von seiner Bildung ganz zu schweigen.

Unterricht im Schreibmaschinenschreiben. Vor jedem Schüler, auch vor KEVIN, der in der ersten Reihe sitzt, steht eine Schreibmaschine. Jeder tippt fleißig und so schnell er kann, während ein Lehrer, Mr. FINORA an den Bänken vorbeigeht und ohne aufzublicken immer wieder sagt:

FINORA: Nicht auf die Tasten sehen ! Nicht auf die Tasten sehen ! Nicht auf die Tasten sehen ! Exzellente Technik, Mr. Arnold !

KEVIN: [überrascht] Danke.

[FINORA sieht etwas überrascht zu ihm hinab.]

FINORA: [herablassend] Nicht du !

[WAYNE, der direkt hinter KEVIN sitzt, beugt sich zur Seite. Vorher war er dank der Kameraeinstellung nicht zu sehen.]

WAYNE: Danke.

ERZÄHLER: Seien wir ehrlich: Der Kerl war auf der Gewinnerstraße !

FINORA: Wie sieht denn deine Arbeit aus, Mr. Arnold ?

ERZÄHLER: Wohingegen sich meine Lebensgeschichte eher folgendermaßen anhörte:

FINORA: [liest vor] Igdaglem awerflem oschme tlelemdem skladambi asteroidus balongklum ...

KEVIN: [entschuldigend] Ich sollte nicht auf die Tasten sehen ...

WAYNE: Er ist eben blutiger Laie.

ERZÄHLER: Es stimmte: Während mein wertloser Bruder so richtig in Fahrt kam, schien ich steckenzubleiben, und zwar gnadenlos.

INT. MITTAG. ESSENAUSGABE
KEVIN steht als zweiter in der Schlange vor der Essenausgabe. Vor ihm steht ein Mädchen, daß auf ihren Teller wartet.

ERZÄHLER: Ich befand mich, zum Beispiel was Verabredungen anging, in einer tiefen Sackgasse. Ich weiß nicht einmal genau, warum.

FRAU: Hier, bitte schön !

[Die Frau von der Essenausgabe, von der wir nur den Arm sehen, reicht dem MÄDCHEN den Teller mit einer Portion Kartoffelbrei.]

KEVIN: Hey, bei dem Kartoffelbrei würd ich mich vorsehen. Da sind bestimmt 'n Haufen Parasiten drin !

MÄDCHEN: [angeekelt] Kotzbrocken ! [geht]

ERZÄHLER: Mir kam der entfernte Gedanke, es könnte etwas mit meiner Technik zu tun haben ...

INT. NACHMITTAG. SCHULKORRIDOR
KEVIN biegt um eine Ecke und sieht plötzlich ALICE Pedermeir, die mit einem anderen Mädchen - nicht demselben aus der vorigen Szene -, neben ihrem Schließfach steht. Er zögert.

ERZÄHLER: Und je mehr ich mich anstrengte, desto schlimmer wurde alles.

MÄDCHEN: Wir sehen uns dann nachher.

ALICE: Okay.

[Das MÄDCHEN geht, und KEVIN entschließt sich, zu ALICE hinüberzugehen.]

ERZÄHLER: Na dann mal ran !

KEVIN: Hallo Alice ! Wie geht's dir ?

ALICE: [traurig] Hi Kevin.

KEVIN: Was ist los ?

ALICE: Ich hab mich in Mathe beim Schummeln kriegen lassen ! Ich weiß gar nicht, ob man das so nennen kann !

KEVIN: Kann man nicht !

ALICE: Du hast es ja nicht gesehen !

KEVIN: Stimmt, aber ... ich kann's mir vorstellen.

ALICE: Ich hab die Aufgaben nicht aus dem Mathebuch abgeschrieben, sondern von meinem Nachbarn. Ich hab mir ja keinen Spickzettel gemacht oder so ! Was macht das für einen Unterschied, wo ich abgeschrieben hab ?? [verzweifelt] Jetzt sagen die Lehrer es meinen Eltern, ich bekomm eine Sechs dafür und es gibt einen Vermerk in meiner Akte !

KEVIN: Gehen wir Freitag zusammen zur Schulfete ?

ALICE: Hä ??

ERZÄHLER: Na gut, mein Timing war vielleicht etwas daneben ...

KEVIN: Äh, entschuldige. Ich weiß, du bist fertig, aber ...

ALICE: Nein ! Ist schon okay. Ehrlich, ich würde gern mit dir gehen ...

KEVIN: Toll !

ALICE: Aber ... Steven Lankwitz hat eher gefragt.

KEVIN: Oh ... ja ... Steven.

ALICE: [schwärmerisch] Er hat soviel Zartgefühl !

ERZÄHLER: Der Kerl roch gerne an seinen Sportsocken !

KEVIN: Ja, er hat ... wirklich ... Zartgefühl ... Ich will hoffen, es geht dir bald besser.

ALICE: Danke.

[Er dreht sich um und geht weiter.]

ALICE: [ruft] Kevin ?

[KEVIN bleibt stehen und dreht sich hoffnungsvoll zu ihr um.]

ALICE: Gibst du mir deine Geschichtsnotizen ? Zum Abschreiben ?

EXT. NACHMITTAG. SCHULBUS
KEVIN sitzt im Schulbus am Fenster und beobachtet ein Paar vor dem Bus, das sich vor seinen Augen küßt.

ERZÄHLER: Das ergab alles keinen Sinn ! In unserer ganzen Schule gingen die Mädchen alle mit Idioten aus und sagten, sie hätten Zartgefühl ! Oder mit Hohlköpfen und sagten, sie hätten Geist ! Es war einfach nicht fair.

INT. ABEND. KELLER
KEVIN kommt die Kellertreppe herunter.

ERZÄHLER: Ich beschloß, mich etwas zurückzuziehen - allein zu sein, fernab von Dingen wie ...

[Er erblickt WAYNE und SANDY, die auf der Bank sitzend und, einander umarmend, die "Sonny und Cher"-Show sehen und sich köstlich amüsieren. Er bleibt stehen.]

ERZÄHLER: [verärgert, abfällig] ... Romantik !

KEVIN: Hi !

SANDY: Hi !

WAYNE: Hi !

KEVIN: Entschuldigt, ich wußte nicht, daß hier jemand ist.

SANDY: Das macht gar nichts. Komm her ! Setz dich doch.

WAYNE: [enttäuscht] Ja, setz dich zu uns !

ERZÄHLER: Na, wenn das kein herzlicher Empfang war ...

KEVIN: Schönen Dank. Ich kann nicht - es ist zuviel zu tun.

SANDY: Kevin, nun setz dich schon ! Wir sehen gerade Sonny und Cher.

WAYNE: [enttäuscht] Ja !

CHER: [im TV] Das solltest du jetzt auch tun !

KEVIN: Na ja, 'ne Sekunde vielleicht.

WAYNE: [enttäuscht] Klasse.

CHER: Deine Witze sind nicht gut.

SONNY: Sie müssen auch nicht gut sein. Für's Fernsehen genügt es, wenn man sexy ist.

[SANDY lacht - und WAYNE reagiert sofort und lacht ebenfalls. Inzwischen setzt sich KEVIN neben SANDY.]

SONNY: Oh, auf andere Menschen sexy zu wirken ist im Prinzip ganz leicht.

CHER: Woher willst du das wissen ?

[Wieder lacht SANDY zuerst. WAYNE tut es ihr gleich.]

SANDY: Okay: Das beste Komikerteam ?

WAYNE: [sofort] Abbott und Costello !

SANDY: Laurel und Hardy !

Laurel und Hardy sind in Deutschland besser bekannt als Dick und Doof.

WAYNE: Martin und Lewis !

SANDY: Die drei Stuges !

[Beide lachen.]

ERZÄHLER: Ich konnte es nicht fassen ! Mein Bruder Wayne war tatsächlich mal lustig ! Und charmant !

WAYNE: Ich geh einen Strahl in die Ecke stellen ! [steht auf und geht die Treppe hinauf.]

CHER: Du und Talent ?!

SONNY: Ich hab mehr Talent in meinem kleinen Finger als die meisten Leute im ganzen Körper.

SANDY: [lacht] Die sind zur Zeit echt irre !

CHER: Einen dicken Applaus für Sonnys kleinen Finger !

SANDY: Es liegt sicher daran, daß sie so wahnsinnig aneinander hängen.

KEVIN: Ja, das siehst du gleich. Ich meine, daß die ihr Zusammensein genießen.

SANDY: Ja !

ERZÄHLER: Auf einmal fühlte ich mich in ihrer Nähe so richtig wohl. Vielleicht auch, weil ich sie nicht um eine Verabredung bitten mußte.

SANDY: Denkst du auch, daß es für jeden den Partner für's Leben gibt ?

KEVIN: Keine Ahnung. Glücklich werden kann man glaub ich mit vielen Menschen, aber ... irgendwo wartet sicher jemand auf uns.

SANDY: Ja. Genau das denk ich auch.

KEVIN: Aber wer weiß, ob man diesen Menschen jemals findet. Ich meine, meine Frau ist vielleicht in Alaska oder sonstwo.

SANDY: [lacht] Ja.

KEVIN: Ja.

ERZÄHLER: Es war ein tiefschürfendes Gespräch.

SONNY: Manchmal stehen mir ihre Gemeinheiten bis hier ! [zeigt auf seinen Hals]

CHER: Das liegt sicher an deiner Größe !

SANDY: [lacht] Oh, ist das nicht toll, wenn sie ihn wegen seiner Größe ärgert ?

KEVIN: Oh ja, das ist witzig.

SANDY: Ich denke nicht, daß sie ihm wehtun will, oder ?

KEVIN: Nicht doch ! Nein, du siehst ganz genau, daß das bloß ... als kleiner Scherz gemeint ist.

[CHER beginnt, ihren Song "I got you, Babe" zu singen. SANDY und KEVIN sehen sich lächelnd an, rücken näher zusammen und - küssen sich. Nur einmal, denn WAYNE kommt gerade zurück. Er stellt sich hinter die beiden, die geradeaus starren, damit er keinen Verdacht schöpft.]

WAYNE: Ist mir was entgangen ?

SANDY und KEVIN: Nein !

INT. MORGEN. BAD
KEVIN starrt ausdruckslos in den Spiegel. Die Badtür steht offen.

ERZÄHLER: Am nächsten Morgen plagte mich das schlechte Gewissen ganz fürchterlich ! Ich hatte die Freundin meines Bruders geküßt ! Gleichzeitig spielte ich die Szene im Geiste immer wieder durch.

[KEVIN sieht sich selbst im Spiegel an, während er die Szene von vorigen Abend nachspielt. Als sein Mund nur noch wenige Millimeter vom Spiegel entfernt ist, kommt JACK herein und bleibt überrascht und verwirrt stehen.]

ERZÄHLER: Sandy hatte sich zu mir rübergebeugt ...

[JACK räuspert sich und KEVIN schreckt zurück.]

KEVIN: Äh ... Hi, Dad !

JACK: Hi.

KEVIN: Ähm, ich ... ich wollte gerade ... äh ... Das du nicht denkst, ich äh ... hätte irgendwas gemacht oder so ... Das ... würdest du ja auch sicher sehen ...

JACK: Ich seh gar nichts.

KEVIN: Oh !

ERZÄHLER: Eins war klar: Allein wurde ich mit dieser Sache nicht fertig.

[KEVIN beeilt sich, an JACK vorbeizuschlüpfen und das Weite zu suchen. JACK brummt nur noch einmal.]

INT. TAG. SCHULKORRIDOR
KEVIN kommt wieder um eine Ecke und bleibt stehen, als er SANDY an ihrem Schließfach stehen sieht. Anscheinend sucht sie etwas - auf jeden Fall sieht sie ihn nicht.

ERZÄHLER: Es war Zeit für ein klärendes Gespräch. Unter vier Augen.

[KEVIN geht zu ihr.]

ERZÄHLER: Von Mann zu Frau.

KEVIN: Hey Sandy !

SANDY: [unwohl] Hi Kevin !

[Sie schlägt ihr Schließfach zu - dahinter steht WAYNE, an das Schließfach daneben gelehnt.]

WAYNE: Hi !

KEVIN: Hi ! Alles klar, Leute ?

SANDY: Oh ja !

KEVIN: Äh ... nun ja. Ich ... muß zum Unterricht. [geht weiter]

ERZÄHLER: Und das war's. Das ganze wahr völlig bedeutungslos. Was mich natürlich erleichterte. Ich war glücklich ! Ich fühlte mich ...

[Es klingelt. Sofort wird es still auf dem Gang.]

ERZÄHLER: ... abgehakt und vergessen.

[KEVIN ist auf einer Zwischenebene der Treppe angekommen, als SANDY ihn einholt.]

SANDY: Kevin ?

KEVIN: [dreht sich um] Oh. Hi.

SANDY: Wir sollten uns unterhalten.

KEVIN: Ja, du hast recht. Ich meine, gestern abend ...

SANDY: ... haben wir uns geküßt.

KEVIN: Ja. So ist es. Und ich weiß nicht, ob das was bedeutet hat.

SANDY: Hat es dir etwas bedeutet ?

KEVIN: Ja. Auf jeden Fall.

SANDY: Mir hat es auch etwas bedeutet. Die Sache ist nur die: Kevin, ich bin mit deinem Bruder befreundet.

KEVIN: [klingt etwas traurig] Ja, ich weiß.

SANDY: Dabei fühl ich mich irgendwie komisch. Ich hab ja schon einige seltsame Sachen gemacht - nur gleichzeitig mit zwei Brüdern zu gehen ...

ERZÄHLER: Es war eigenartig: Sie stand da und schüttete ihr Herz aus - und ich hatte nur einen Gedanken: Was für seltsame Sachen ?

SANDY: Weißt du, ich mag Wayne. Ich meine, er ist so ... so ... er ist so bodenständig.

KEVIN: Ja ! ... Er ist ... bodenständig ... und er ist wirklich nett.

SANDY: Ich kann gar nicht sagen, was gestern passiert ist. Du kamst mir so einsam vor.

KEVIN: Oh.

SANDY: Ja. Und dann haben wir Sonny und Cher gesehen - sie waren zusammen, und da haben wir ... uns geküßt. Und ... und das war so, als ob Sonny und Cher sich küssen. Das ist 'ne dumme Unterhaltung, nicht ?

KEVIN: Na ja ...

SANDY: Das ist alles so irre ...

KEVIN: [nachdenklich] Ja. Allerdings.

SANDY: Ja. Es ist wohl das beste, wenn wir versuchen, nur Freunde zu sein.

KEVIN: Ja. Du hast recht. Ich denke ... Freunde zu sein ... ist die sinnvollste Lösung ...

SANDY: Ja.

[Sie küssen sich.]

KEVIN: War das ... ein Freundschaftskuß ?

SANDY: Ja. Wir sollten auf jeden Fall bloß Freunde sein.

[Sie küssen sich wieder. SANDY läßt ihre Schulsachen fallen - und sie hören nicht mehr auf, sich zu küssen.]

EXT. TAG. SCHULGELÄNDE
ERZÄHLER: Für den Rest des Tages pflegten wir unsere Freundschaft. Überall in der Schule.

[KEVIN und SANDY hören wirklich nicht mehr auf, sich zu küssen. Sie küssen sich im Treppenhaus, auf den Holzbänken am Sportplatz, auf Bänken, unter Bäumen - überall.]

ERZÄHLER: Klar wußte ich, daß es falsch war - aber ... das war mir egal !

INT. ABEND. KÜCHE
Die Familie sitzt am Küchentisch und ißt Abendbrot.

WAYNE: Dad ? Leihst du mir 'n bißchen Geld ?

ERZÄHLER: Bis zum folgenden Freitag.

WAYNE: Ich will nämlich mit Sandy heute zur Schulfete.

ERZÄHLER: Die Sache wurde doch langsam kompliziert.

NORMA: Gehst du auch hin, Kevin ?

ERZÄHLER: Das war noch milde ausgedrückt.

WAYNE: [lacht] Soll das ein Witz sein ? Blödsack kriegt doch keine rum !

KEVIN: [beleidigt] Sicher werd ich auch gehen !

NORMA: Das ist gut. [zuversichtlich] Vielleicht triffst du dort jemand nettes !

ERZÄHLER: Wenn sie wüßte ...

NORMA: Es ist so: Euern Vater hab ich auch so kennengelernt. Weißt du das noch, Jack ?

[JACK lächelt.]

NORMA: Seitdem hast du nie mehr mit Vic Clayborne geredet.

ERZÄHLER: Na toll ! Ich steckte in dieser gräßlichen Klemme und meine Mutter ließ alte Zeiten wieder aufleben !

NORMA: Er war der beste Freund eures Vaters. Vic hat mich zum Tanz eingeladen, aber ich hab da euren Vater gesehen. Natürlich kannte ich ihn schon vorher, aber [schwärmend] mit seinem neuen Anzug, so rank und schlank ...

[WAYNE kann sich ein Lachen nicht verkneifen, hört aber auf, als er von JACK einen grimmigen Blick erntet.]

NORMA: Jedenfalls hatten sie einen schlimmen Streit meinetwegen. Seitdem ... reden sie nicht mehr miteinander.

WAYNE: Und ?

JACK: Und ?! Das war es wert ! [zwinkert NORMA zu]

ERZÄHLER: Und plötzlich hörte ich aus irgendeinem Grund zu. Hatte mein Vater das wirklich gesagt ?

[Der Film spult zurück. Dann, mit halber Geschwindigkeit, also langsam und sehr tief:]

JACK: Und ?! Das war es wert !

[NORMA lacht glücklich.]

ERZÄHLER: Er hatte ! Und während mir diese Wort noch wie ein Gong im Ohr klangen, traf ich meine Entscheidung: Egal, was ich Wayne damit antat - ich mußte mit Sandy zusammen sein ! Sie war es auf jeden Fall wert !

INT. ABEND. KEVINS ZIMMER
KEVIN bereitet sich auf den Abend vor. Plötzlich steht WAYNE vor der Tür.

WAYNE: [fröhlich] Hey Blödsack ! Was hältst du von den Sachen ? [präsentiert sich]

KEVIN: Die sehen gut aus !

WAYNE: Ich zieh andere an.

ERZÄHLER: Ich fing an, mir Argumente zurechtzulegen. Man brauchte ihn sich nur anzusehen !

[WAYNE steht vor dem kleinen Spiegel in KEVINs Zimmer und drückt sich einen Pickel auf dem Kinn aus.]

ERZÄHLER: Er verdiente sie nicht. Er war eklig ! "Bodenständig" ?? Er war ein Unmensch ! Er war das Letzte ! Dauernd zog er mich auf, nahm mir die Sachen weg - behandelte mich wie Dreck ! Der Typ hatte mir in seinem ganzen Leben nicht einmal etwas Gutes getan !

WAYNE: Soll ich dich mitnehmen ?

ERZÄHLER: [überrascht] Außer dem Angebot, mich mitzunehmen.

KEVIN: [vollkommen überrascht] Redest du mit mir ??

WAYNE: Ja. Fahr mit Sandy und mir !

KEVIN: Also ich weiß nicht ...

WAYNE: Komm schon ! Das wird witzig !

ERZÄHLER: Es war grauenvoll ! Da versuchte ich nun, diesen Kerl k.o. zu schlagen, und er ... war so richtig ... nett !

KEVIN: Du magst sie sehr, hä ?

WAYNE: [nimmt ihn auf den Arm] Nee ! Echt ?!

ERZÄHLER: Und dann sagte er etwas, was ich nie vergessen werde.

WAYNE: Sandy ... macht mich besser, als ich bin ... - was immer das bedeutet. Ähm, ich fahr in 'ner halben Stunde. Sei pünktlich ! [geht aus dem Zimmer]

ERZÄHLER: Da wurde mir klar, wer von uns beiden das Letzte war - nämlich ich.

EXT. ABEND. PARKPLATZ
WAYNE parkt sein altes Cabrio in einer freien Parklücke. SANDY sitzt neben ihm, KEVIN sitzt auf dem Rücksitz. Von weitem ist schon Musik zu hören.

ERZÄHLER: Ich war noch schäbiger als das Letzte ! Schäbiger als ein Unmensch ! Ich war ein Schimmelpilz !

Anmerkung: Das ist ein Wortspiel, das nach der Synchronisation natürlich nicht mehr funktioniert. Kevins Nachname ist Arnold, das Wort für Schimmelpilz ist Amold. Dasselbe Wortspiel gab es bereits in der Folge "It's A Mad, Mad Madeline World".

[WAYNE stellt das Radio etwas lauter und singt - etwas wacklig - mit.]

WAYNE: If a picture paints a thousand words then why can't I paint you ?

Wenn ein Bild mehr sagt als tausend Worte, warum kann ich dich dann nicht malen ?

KEVIN: [leise, mehr zu sich selbst] Nein, tu das nicht !

[WAYNE kommt nicht mit dem Song mit, also brummt er den Text nur noch mit und singt nur noch einzelne Wörter.]

ERZÄHLER: Als ich dort saß und die Romantik in diesem Auto spürte, wußte ich, daß ich mir etwas vorgemacht hatte. Ich würde das niemals fertigbringen !

WAYNE: Tanzen wir !

SANDY: Wayne, warte ! Bleiben wir noch eine Sekunde hier draußen. Wir müssen uns ganz dringend unterhalten.

ERZÄHLER: Leider brachte Sandy es schon fertig !

KEVIN: Ja ! Sitzen wir noch !

SANDY: Ich muß jetzt allein mit Wayne reden.

KEVIN: Ich bleibe gern ! Wirklich !

WAYNE: Der Kleine ist gern bei mir !

SANDY: Kevin !

[KEVIN steigt aus und geht ein paar Meter weiter. Dann bleibt er stehen und dreht sich um.]

ERZÄHLER: Ich konnte nicht hören, was sie sagten, aber das war auch nicht nötig. Ich wußte, was das hieß.

[KEVIN geht weiter.]

INT. ABEND. TANZSAAL
Laute Musik schallt KEVIN entgegen, als er den Tanzsaal betritt. Viele Paar tanzen schon, ein DJ spielt auf einer mit Heu ausgelegten Holzbühne Platten ab. Es gibt einen Tisch mit Getränken und an den Seiten des Saales mehrreihige, stufenartig aufgebaute Bänke zum Ausruhen.

ERZÄHLER: Ich lief wie betäubt herum. Ich hatte Angst, daß Sandy mit ihm Schluß gemacht hatte - hatte Angst, daß sie es nicht getan hatte.

PURDLE: [von weitem, ruft] Hey, Kevin !

[PURDLE mit seiner dicken Brille steht mit einem Mädchen (#1), das natürlich auch eine dicke Brille trägt, bei dem Bowlentisch. RICKY steht mit einem anderen Mädchen (#2) neben ihnen.]

PURDLE: Alles klar, Junge ?

KEVIN: Oh, ja.

MÄDCHEN #1: Ich geh schnell. [geht]

MÄDCHEN #2: Aha. [geht mit]

KEVIN: Die sehen gut aus.

RICKY: Vielen Dank ! Ich hoffe, sie kommen wieder.

[Plötzlich entdeckt KEVIN SANDY, die ein paar Meter weit weg steht und sich suchend umsieht.]

KEVIN: Jungs, wir sehen uns nachher, okay ?

[Er geht zu SANDY hinüber.]

KEVIN: Sandy ?

SANDY: Kevin !

KEVIN: Du kannst nicht mit Wayne Schluß machen !

SANDY: Ich konnte nicht anders ! Es ist schon geschehen.

KEVIN: Was hat er gesagt ?

SANDY: Es geht ihm schlecht. Es ist für keinen leicht.

KEVIN: Und das mit uns ? Weiß er das ? [kurze Pause] Wir hätten das nicht tun sollen.

SANDY: Kevin, ich möchte mit dir zusammen sein !

[KEVIN antwortet nicht. Er sieht sich um und entdeckt WAYNE, der einsam auf einer der Bänke sitzt und über einem Pappbecher brütet.]

KEVIN: [nach einer langen Pause] Ich geh hin und red mit ihm.

[Er läßt SANDY stehen und geht zu WAYNE hinüber. Ein neuer, langsamer Song beginnt.]

KEVIN: Hallo. Alles klar ? [lange Pause] Hör zu, Wayne ... na ja, ich äh ...

WAYNE: [traurig] Ich hab mich von Sandy getrennt.

KEVIN: [verwirrt] Du hast was ?

WAYNE: Schluß gemacht.

KEVIN: Tatsächlich ?

WAYNE: Ja. - Es lief nicht. Sie war nicht mein Typ. Es ist so: Ich will nicht philosophisch werden ... [rülpst] ... aber ich glaub, obwohl sie verletzt ist ... und ... obwohl sie das Gefühl hat ... daß niemand sie liebt und ... [immer leiser] ... sie ganz allein ist ... ist es ... besser, man beendet es ... schnell ... da sie dadurch ... 'ne besser Chance hat ... drüber hinweg zu kommen. [lange Pause] Irgendwann.

ERZÄHLER: Als ich dort saß, mir den Kummer meines Bruders anhörte und die Lügen, die er erzählte, um ihn zu verbergen, wußte ich nicht, was ich tun sollte. Ich wußte, ich wollte bei Sandy sein, sie in meinen Armen halten, mit ihr tanzen ...

[Inzwischen hat längst ein andere Junge SANDY um einen Tanz gebeten, aber während sie tanzen, sieht SANDY nur zu KEVIN und WAYNE.]

ERZÄHLER: Aber schließlich blieb ich doch bei meinem Bruder - denn immerhin ... war er ... mein Bruder.

WAYNE: [stößt KEVIN leicht an; traurig] Blödsack !

KEVIN: [ebenfalls traurig] Blödbacke !

[Sie bleiben auf der Bank sitzen, nebeneinander, einsam.]

CLOSING TITLES
Dieses Transcript wurde von Daniel G.



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09/10/01 19:50