Episode 11 - "Nur zwischen uns"

Transcript: Daniel Görlich



OPENING SEQUENCE
(Eine Folge der alten "Raumschiff Enterprise"-Serie, "Spocks Gehirn" läft auf einem Schwarz-Weiá-Fernseher.)

CAPTAIN KIRK: There she is. That's the one. What have you done with Spock's brain? What have you--AAGGHHH! (Eine außerirdische Frau drückt auf einen Knopf auf ihrem Armband und die Mitglieder des Landetrupps sinken bewußtlos zu Boden.)

INT. TAG. KELLER
(Carla und Paul sowie Becky und Kevin sitzen pärchenweise auf dem Sofa im Keller von Kevin's Haus und sehen sich "Spocks Gehirn" an. Kevin legt seinen Arm um Becky.)

When you're twelve years old you've got a lot of strange new territory to explore. For Paul and me, that meant the basement with Carla Healey and Becky Slater. Paul and I weren't the world's greatest make-out experts, but I wartete einfach mal auf ein Zeichen von Becky.

(Becky stürzt sich auf Kevin und die beiden schmusen herum. Nach kurzem Zugucken tut Carla dasselbe mit Paul. Währenddessen beginnt ein Werbespot für Zahnpasta.)

Das war das Zeichen.

(Plötzlich öffnet sich die Kellertür. Norma und Wayne kommen mit der Wäsche herunter. Carla, Paul, Becky und Kevin setzen sich kerzengerade auf das Sofa und tun so, als sei nichts passiert.)

KEVIN: Hallo Mom. Du machst also die Wäsche, ja?

NORMA: (argwöhnisch) Ja, das hatte ich eigentlich vor.

WAYNE: Leg mal zusammen, Kevin.

NORMA: Kevin, was hast du denn da am Hals?

Mom, ganz cool bleiben!

KEVIN: Ach das, äh, das...das ist ein Wespenstich.

Das war ja für alle so peinlich - Für fast alle.

WAYNE: Ich weiß ja nicht, Mom. Es sieht beinah so aus als wäre es möglicherweise ein fetter Knutschfleck! Ein Liebesbiß, ein dicker roter Lippensauger! Aber...vielleicht irre ich ja auch.

NORMA (zu Wayne): Du trägst jetzt den Korb hoch!

(Wayne macht noch einige schmatzende Geräusche und verschwindet dann.)

NORMA: Ich würde sagen, ihr seht vielleicht oben weiter fern, mmh?

KEVIN: Wir gucken nur noch "Enterprise" zu Ende.

NORMA: Gut, aber dann ist Schluß.

KEVIN: Okay.

(Norma geht ebenfalls.)

BECKY (lachend): Ein Wespenstich?!

KEVIN: Was hätt ich wohl sonst sagen sollen?

BECKY: Du kriegst gleich einen Wespenstich!

(Und wieder stürzen sich die Mädchen auf die Jungen...)

KEVIN: Hilfe, nein!

PAUL: Nein, nein, Carla!

KEVIN: Hilfe!

Es war eine schöne Zeit. Fröhlich und unbeschwert. Paul und ich hatten im Kampf der Geschlechter offenbar einen Waffenstillstand erreicht. Alles war so unkompliziert und lustig.

(Eine weitere Szene aus "Spocks Gehirn" zeigt, wie sich die Mitglieder des Enterprise-Landetrupps gepeinigt auf dem Boden winden.)

Mit anderen Worten: Es konnte nicht von Dauer sein.

INT. NACHMITTAG. SCHULKORRIDOR
(Kevin und Kirk McCray stehen auf dem Gang.)

KIRK: Vielleicht kannst du mir 'nen Gefallen tun. Komm her.

Ausgerechnet Kirk McCray sollte ich einen Gefallen tun? Kirk McCray, der mir Winnie weggenommen hatte? Der mich erniedrigt, besiegt hatte? Mein Leben ruiniert hatte? Aber darüber war ich hinweg. Ich hatte Becky und...

KIRK: Ich will, daß du für mich mit Winnie sprichst.

Was!?

KEVIN: Was!?

KIRK: Ich will, daß du für mich mit Winnie sprichst. Ich meine, ich versteh schon wenn du das nicht möchtest...

Doch Kirk, daß möcht ich unheimlich gern. Ungefähr genauso gern wie ich fünfzig Mal mit einem stumpfen Buttermesser ins Herz gestochen werden möchte.

KIRK: Ich hab gedacht, es ist vielleicht besser, wenn du es machst. Sie mag dich echt gern.

Tatsächlich?

KEVIN: Tatsächlich?

KIRK: Na klar. Ich meine, ihr seid doch wirklich gute Freunde, oder?

KEVIN: Äh, ja. Ich denke schon.

KIRK: Äh, könntest du sie vielleicht fragen, ob sie mich noch gern mag?

KEVIN: Ich dachte, ihr geht miteinander.

KIRK: Ach Mann, ich weiß auch nicht, was los ist. Weißt du, sie hat nichts gesagt. Es ist nur die Art, wie sie es nicht sagt. Verstehst du, was ich meine? Sie will Schluß machen, das weiß ich.

(hocherfreut): Wirklich?

KEVIN (gespielt traurig): Wirklich?

KIRK: Ich weiß ja auch nicht. Hat sie zu dir irgendwas gesagt?

KEVIN: Zu mir? Nein, ähm, ich meine, wir unterhalten uns eigentlich kaum noch.

KIRK: Könntest du sie nicht trotzdem fragen?

KEVIN: Kirk, das ist glaub ich nicht so 'ne tolle Idee.

KIRK: Bitte. Verstehst du, ich weiß nicht, was ich sonst tun soll. Naja, ich hatte ja auch schon andere Mädchen gern, aber bei ihr ist das anders. Sie ist etwas ganz besonderes. Weißt du, was ich meine?

(in Gedanken versunken): Ja.

KEVIN (auch in Gedanken versunken): Ja. (lauter) Aber ich glaube nicht...

KIRK: Wenn es dir zuviel ist, dann vergiß es einfach. (will gehen)

Warte, dann mach ich's eben. Was ist schon dabei? Winnie Cooper ist doch Schnee von gestern. Was soll's. Ich hatte ja - wie hieß sie doch gleich? - Becky, ja, ja, ich hatte Becky.

KEVIN: Kirk, warte mal kurz.

KIRK (überrascht): Du machst es?

KEVIN: Ja, ich mach's.

KIRK: Klasse. Danke, Kevbo.

"Kevbo"?

(Kevin formt mit den Lippen das Wort nach.)

INT. NACHMITTAG. CAFETERIA
(Paul und Kevin sitzen an einem Tisch und essen.)

PAUL: Du machst was?

KEVIN: Ich soll Winnie nur fragen, ob sie ihn noch...naja, gern hat.

PAUL: Das geht doch nicht.

KEVIN: Na klar geht das.

PAUL: Kevin, es geht dabei um Winnie Cooper, richtig? Sei doch mal realistisch.

KEVIN: Worauf willst du hinaus?

PAUL: Stell dir vor, Carla hätte mich abserviert. Da frag ich sie doch nicht, ob sie den Typen noch gern hat, der an allem schuld ist.

KEVIN: Winnie hat mich nicht abserviert.

PAUL: Ganz besonders, wenn es jemand ist wie Kirk McCray.

KEVIN: Das stört mich nicht im geringsten.

PAUL: Jemand, der älter ist als ich, ungefähr doppelt so groß!

KEVIN: Was hat das damit zu tun?

PAUL: Ein Kerl mit solchen Schultern und richtig knackiger Bräune...

KEVIN (schreit Paul an): Vielleicht bin ich ja ein bißchen anders als du, Paul.

(Es wird plötzlich ruhig in der Cafeteria und alle sehen Kevin an. Kevin steht auf und will gehen, dreht sich aber noch einmal zu PAUL um.)

KEVIN (ruhiger): Vielleicht bin ich einfach ein bißchen selbstsicherer, okay?

PAUL (leise): Ja, ist ja gut.

KEVIN (wütend): Es gibt keinen Grund, wieso ich nicht mit Winnie reden sollte. (selbstsicher) Wir sind immernoch Freunde. Ich werd jetzt einfach zu ihr hingehen und sagen: "Winnie..."

EXT. NACHMITTAG. SPORTPLATZ
(Die Kamera zeigt Winnie in Sportkleidung. Ihr Haar weht durch die Luft und träumerische Music begleitet Kevin's Sprachlosigkeit.)

KEVIN: ...äh...äh...äh...

WINNIE: Hallo Kevin.

(stellt einen Fuß auf den kleinen Picknicktisch vor ihr und massiert ihre Wade.)

KEVIN: ...äh...

(wispernd, wie eine innere Stimme): Schnapp sie dir! Drück sie, küß sie auf den Mund!

KEVIN (leise, seiner inneren Stimme antwortend): Nein!

WINNIE: Was?

KEVIN: Ach nichts. Ich hab vorhin...Kirk McCray getroffen.

WINNIE: So?

KEVIN: Ja.

WINNIE: Ich hab ihn noch nicht gesehen.

KEVIN: Wirklich?

WINNIE: Ja.

(Kurze Pause, in der Kevin überlegt, was er jetzt sagen soll.)

KEVIN: Er ist ein ziemlich netter Kerl.

WINNIE: Ja.

(Noch längere Pause.)

KEVIN: Kirk will wissen, ob du ihn noch gern magst.

WINNIE: Hä?

KEVIN: Kirk will wissen, ob du ihn noch gern magst. (Pause.)

WINNIE: Wieso kann er mich das nicht selbst fragen?

Weil er ein Feigling ist, ein Idiot. Er ist es nicht wert, daß du ihn...

KEVIN: Weil er...dich, ähm...wirklich sehr gern hat und dich nicht verlegen machen will.

Er will mich nur verlegen machen.

WINNIE: Ich weiß nicht genau. Meinst du, ob ich ihn gern hab gern hab, oder ihn gern hab?

KEVIN: Ich glaube, eher das erste.

WINNIE: Gern haben tu ich ihn schon, ich weiß nur nicht, ob ich ihn gern hab gern hab.

KEVIN (sichtlich verwirrt): Oh...äh...Bist du sauer auf ihn?

WINNIE: "Sauer" wär der falsche Ausdruck.

KEVIN: Dann hast du ihn gern, oder was?

WINNIE: Ich sag nicht, daß ich ihn gern hab, nur, daß ich ihn gern hab.

(Szenenwechsel ohne irgendwelche Übergänge.)

INT. TAG. SCHULKORRIDOR
(Kevin teilt Kirk mit, was Winnie gesagt hat.)

KIRK: Sag mir das jetzt nochmal. Zum Mitschreiben. Von vorne.

KEVIN: Sie ist nicht böse auf dich. Sie hat dich gern. Sie weiß nicht, ob sie dich gern hat gern hat, aber sie hat dich gern. Als sie anfing, dich gern zu haben, hatte sie dich gern gern. Es sei denn sie dachte nur, sie hätte dich gern gern, obwohl sie dich nur gern hatte...Aber sie hat dich gern!

KIRK (enttäuscht): Ich wußte es. Ich bin geliefert.

KEVIN: Das ist nicht gesagt.

KIRK: Komm, du hast es doch gehört. Was mach ich jetzt nur?

KEVIN: Weiß ich doch auch nicht.

KIRK: Sie wartet wahrscheinlich nur auf das richtige Zeichen.

KEVIN: Schon möglich.

KIRK: Aber wie sieht es wohl aus?

KEVIN: Keine Ahnung.

KIRK: Soll ich ihr irgendwas schenken?

KEVIN: Keine Ahnung. Versuch's einfach.

KIRK: Ja, aber was?

KEVIN: Keine Ahnung.

KIRK: Was würdest du denn aussuchen?

KEVIN: Hör zu, Kirk, das beste wird sein, wenn du dir selbst etwas ausdenkst. Ich bin nicht gerade derjenige, den du sowas fragen solltest.

(Kevin will gehen.)

KIRK: Warte!

KEVIN: Der Unterricht geht gleich los.

(Kirk holt einen runden, bunten Stofffetzen aus seiner Jackentasche.)

KIRK: Wie wär's damit?

KEVIN: Was ist das?

KIRK: Mein All-Star-Aufnäher.

KEVIN (skeptisch): Dein All-Star-Aufnäher?!

KIRK: Ja. Den kann sie sich an den Pulli oder die Jacke nähen. Sowas machen doch Mädchen, oder?

KEVIN: Kann sein. Was weiß ich, Kirk.

KIRK: Kevbo...

KEVIN: Ja?

KIRK: Gibst du Winnie das von mir?

KEVIN: Kirk, komm schon...

KIRK: Das ist der letzte Gefallen, um den ich dich bitte.

KEVIN: Das kann ich nicht.

KIRK: Kevin, nehmen wir mal an, du wärst in Winnie verliebt. Dann würd' ich das auch für dich tun.

EXT. TAG. HAUS DER COOPERS
(Kevin und Winnie stehen vor Winnie's Haus.)

WINNIE: Was soll ich denn damit?

KEVIN: Du kannst es auf deine Jacke oder deinen Pulli nähen. Irgend sowas.

WINNIE: Das kann ich doch nicht machen.

KEVIN: Das ist nur eine Art, seine Freundschaft zu zeigen.

WINNIE: Hör doch auf, Kevin. Du weißt, was es bedeutet.

KEVIN: Ja.

WINNIE: Kevin?

KEVIN: Ja?

WINNIE: Ich glaube, ich mach Schluß mit ihm.

KEVIN (versucht, mitfühlend zu klingen): Ehrlich?

WINNIE: Ich denke schon.

Mag sein, daß es mich zwar nichts angeht, Winnie, aber ich finde, du machst genau das richtige.

WINNIE: Ich meine, es hat keinen Zweck, es hinauszuzögern.

Du hast ja so recht.

WINNIE: Wir können ja trotzdem Freunde sein.

Genauso ist es.

WINNIE: Ich hab's wirklich versucht.

Hey, was vorbei ist...

INT. TAG. SCHULKORRIDOR
(Kevin gibt Kirk den Aufnäher zurück.)

KIRK: Es ist vorbei?

KEVIN: Tut mir leid.

KIRK: Ich wußte es: Da ist jemand anders.

KEVIN: Ach, da ist sicher niemand anders.

KIRK: Hat sie denn gesagt, daß da niemand anders ist?

KEVIN: Nein, das hat sie nicht gesagt. Sie hat gesagt sie will, daß ihr weiter Freunde seid.

KIRK: Das hat sie gesagt?

KEVIN: Ja.

KIRK: Oh.

(beginnt damit, immer wieder seinen Kopf gegen ein Schließfach zu knallen.)

Ich weiß. Ich weiß!

KEVIN (fühlt sich unbehaglich): Kirk! Krieg dich bitte langsam wieder ein!

(KIRK kriegt sich aber nicht wieder ein.)

Kirk hatte da eine interessante Frage in den Raum gestellt. Was war, wenn sie tatsächlich einen anderen mochte? Vielleicht drehte sich das ganze ja darum. Aber wie sollte ich das herausfinden ohne...

INT. TAG. CAFETERIA
(Kevin nähert sich Paul, der an einem der Tische sitzt.)

KEVIN: Paulbo!

PAUL: "Paulbo"?!

(Kevin setzt sich zu Paul.)

KEVIN: Ich will, daß du Winnie was für mich fragst.

(Szenenwechsel. Gleicher Ort, gleiche Personen.)

KEVIN: Komm schon, Paul. Wenn du sie gern hättest, würd' ich's auch tun.

PAUL: Würdest du nicht. Du wärst sauer auf mich.

KEVIN: Hab dich nicht so. Was ist denn dabei?

PAUL: Na, ich kann ja wohl schlecht zu Winnie gehen und sie fragen, ob sie dich gern hat, oder?

KEVIN: Mußt du ja auch nicht. Also, zuerst sagst du: "Hallo Winnie." Und dann sagt sie...?

(wartet darauf, daß Paul antwortet.)

PAUL: "Ha...Hallo Paul"?

KEVIN: Gut. Okay. "Na, wie geht's denn?"

(Paul antwortet nicht.)

KEVIN: "Bestens." Es geht ihr bestens.

PAUL (wiederholt leise): "Bestens."

KEVIN (spricht jedes Wort einzeln): "So so. Du sollst ja mit Kirk Schluß gemacht haben."

PAUL: "Ja ja. Das ist richtig."

KEVIN: "Warum? Hängst du vielleicht noch an Kevin?"

PAUL: "Kevin?" (amüsiert) "Kevin Arnold? Das soll wohl ein Scherz sein?" (lacht)

KEVIN (gekränkt): Vergiß es. Vergiß das ganze, ja? Und ich dachte, du wärst mein Freund.

PAUL: Hey, ganz locker. Ich rede mit ihr.

KEVIN: Bemüh dich nicht.

PAUL: Ich regle das schon.

KEVIN: Ja?

PAUL: Klar.

KEVIN: Klasse. (Pause) Was sagst du denn zu ihr?

PAUL: Vertrau mir.

(schlürft seine Getränkepackung leer.)

INT. TAG. SCHULKORRIDOR
(Kevin geht den Korridor entlang.)

Die Sache nahm langsam Form an. Mit Kirk und Winnie war Schluß. Und warum? Weil sie mich nie richtig vergessen hatte. All die schönen Momente, die wir gemeinsam verbracht hatten - unser erster Kuß...Ich weiß noch genau wie sie damals aussah. Sie sah aus wie...

(Sieht, wie Winnie und Kirk sich auf dem Gang küssen.)

Genau wie jetzt.

EXT. TAG. SPORTPLATZ
(Kevin stellt Kirk zur Rede.)

KEVIN: Was ist los, McCray?

KIRK: Was meinst du?

KEVIN: Ich dachte, zwischen euch wäre Schluß. Hab ich mich unklar ausgedrückt?

KIRK: Es ist Schluß.

KEVIN: Und was ist mit der Schmuserei vorhin?

KIRK: Ja ja, ist schon komisch.

KEVIN: Also was ist denn nun eigentlich?

KIRK: Keine Ahnung. Ich blicke da selbst nicht durch. Jetzt soll Eric Antonio sie für mich fragen.

KEVIN: Eric Antonio?

KIRK: Ja. Macht's dir was aus?

KEVIN: Das faß ich einfach nicht.

(Paul erscheint.)

PAUL: Kevin, komm mal kurz.

KEVIN: Hast du Winnie für mich gefragt?

KIRK: Wieso soll er mit Winnie reden?

PAUL: Ich konnte nicht mit ihr reden. Sie und Eric Antonio haben den ganzen Tag rumgehangen. Wie's scheint, hat er sie gern.

KIRK und KEVIN (beide fassungslos und entsetzt): Was?

INT. TAG. SCHULKORRIDOR
(Kirk, Kevin und Paul stellen Eric Antonio zur Rede.)

ERIC: Glaubt mir, wir haben nur über euch gesprochen.

KEVIN: Wen "euch"?

ERIC: Euch beide.

KIRK: Was, uns beide?

KEVIN: Also was ist nun, hast du sie gern oder nicht?

ERIC: Klar, du hast sie ja auch gern.

KEVIN: Hast du sie gern gern?

ERIC: Nicht so wie du sie gern hast.

KIRK (zu Kevin): Du hast sie gern?

ERIC: Ich dachte...

KIRK: Heißt das, daß du sie gern gern hast?

KEVIN: Ja, sehr gern. Ich hatte sie gern, bevor du sie gern hattest.

KIRK: Du hast sie für mich gefragt, obwohl du sie selbst gern hast? (zu Eric): Und jetzt hast du sie gern? Mag hier sonst noch einer Winnie Cooper und ich weiß nichts davon? (zu Paul): Paul?

PAUL: Naja, sie hat so hübsche kleine Sommersprossen auf ihrer Nase...Ist ein Scherz, nur ein Scherz.

KEVIN: Wen hat sie denn gern?

ERIC: Ich weiß es nicht. Sie hat euch beide gern.

KIRK: Du meinst, sie hat uns gern gern, oder was?

PAUL: Wen hat sie lieber?

KIRK: Ja, wen hat sie lieber?

KEVIN: Ja, wen hat sie lieber?

ERIC: Keine Ahnung. Ich frag sie - wir gehn heut' schlittschuhlaufen.

KIRK, PAUL und KEVIN: Was?!

INT. TAG. SCHULKORRIDOR
(Kevin befindet sich auf dem Gang nahe seinem Klassenzimmer, als er von Carla angesprochen wird.)

CARLA: Kevin? Becky will wissen, ob du irgendwas hast.

Becky! Die arme, kleine Becky. In diesem ganzen Hickhack hatte ich sie völlig vergessen. Aber jetzt gab es nur noch eins. Ich mußte ihr die Wahrheit sagen, und zwar nicht um sieben Ecken, sondern von Angesicht zu Angesicht. Wie ein Mann.

(Kevin öffnet die Tür zum Klassenraum und sieht Becky, die als einzigste im Raum an einem Tisch sitzt und malt. Er geht zu ihr.)

Oh nein. Seht sie euch an. So ein süßes, zerbrechliches Mädchen. Oh, wie ich es haßte, sie zu verletzen. Naja, bringen wir's schnell hinter uns.

(Kevin stellt sich seitlich hinter Becky und legt ihr sanft die Hand auf die Schulter. Becky sieht nicht zu ihm auf, sondern malt langsam an einem blumenähnlichem Muster weiter.)

KEVIN (leise): Becky, wir müssen Schluß machen...Ich hänge immernoch an Winnie. Wir bleiben doch weiter Freunde?

Ich weiß. Ich weiß!

(Becky rammt Kevin die Faust in die Magengrube.)

BECKY (wütend): Ach ja, "Freunde"?

(Noch ein Schlag...)

BECKY: Hier! Von wegen "Freunde"

(Nach dem dritten Schlag liegt Kevin am Boden und bleibt dort erst einmal liegen. Becky geht, ohne sich noch einmal umzudrehen.)

Ich glaube, da fiel es mir zum ersten Mal so richtig auf: Ich wurde aus Mädchen einfach nicht schlau. Ich sage das jetzt nochmal in aller Deutlichkeit, damit ganz klar wird, was ich meine. Ich wurde aus Mädchen einfach nicht schlau!

(Während Kevin am Boden liegt, stellt er sich vor, er wäre Captain Kirk, der mit einem Außentrupp (Paul als Spock, Eric als Scotty und Kirk als Pille) auf drei außerirdische Wesen (genannt "Mädchen") getroffen ist. Die Anführerin ist Winnie. Die ganze Szene spielt sich im Klassenraum ab.)

WINNIE: Interessante Exemplare.

KEVIN: Spock, wo sind wir?

PAUL (mit übertrieben langen Ohren und Augenbrauen): Offensichtlich auf einem noch unbekannten Planeten, Captain, der bewohnt ist von sonderbaren Wesen mit langen Haaren und sehr kurzen Röcken.

Naja, ich dachte mir, wenn ich schon vor mich hin träume, dann wenigstens richtig.

KEVIN (zu den Mädchen; laut): Wer sind Sie? Was wollen Sie von uns?

(Winnie berührt ein Gerät an ihrem Handgelenk und Kirk, also Kevin weicht vor Schmerz von den Mädchen zurück.)

PAUL: Höchst unlogische Frage, Captain. Das sind fremde Wesen. Ihre Gedankengänge und Gefühle können Sie unmöglich verstehen.

KEVIN: Was sollen wir jetzt tun? Es muß doch möglich sein, sich zu wehren. Pille, Scotty...

PAUL: Uns bleibt keine andere Wahl als uns ihrem Willen vollkommen zu beugen. Wir sind ihre Gefangenen. Sie haben uns völlig in ihrer Gewalt.

KEVIN: Das ist doch nicht möglich.

(zu den außerirdischen Geschöpfen)

KEVIN: Wir sind Menschen, könnt ihr das nicht verstehen? Wir sind Männer!

(Winnie berührt wieder das Gerät an ihrem Handgelenk und der gesamte Außentrupp sinkt unter Schmerzen zu Boden. Wie immer hält Kirk, also Kevin, am längsten durch und windet sich auf dem Boden, bevor auch er ohnmächtig wird. Damit endet Kevin's Traum und er findet sich auf dem Boden des Klassenzimmers wieder. Paul beugt sich über ihn.)

PAUL: Hey Kevin, geht's dir nicht gut?

KEVIN: Hä?

PAUL: Alles okay?

INT. ABEND. KEVINS ZIMMER
An diesem Abend holte ich etwas nach, was schon längst fällig gewesen war. Ich machte die Tür zu, legte mich auf mein Bett und badete mich zwei Stunden in triefenden, herzerweichendem pubertären Selbstmitleid...Bis Winnie nach Hause kam.

(Kevin sieht Winnie nach Hause kommen. Er streift seine Jacke über und verläßt sein Zimmer. Auf dem Weg nach draußen muß er an Jack vorbei, der auf dem Sofa im Wohnzimmer sitzt und fernsieht.)

JACK (ohne sich umzudrehen): Wo willst du hin?

KEVIN: Ich will nur kurz zu Winnie rübergehen.

JACK: Es ist reichlich spät.

KEVIN: Nur einen Augenblick.

JACK: Hat das nicht Zeit bis morgen?

Eine vernünftige Frage, aber in diesem Augenblick war Vernunft nicht gerade meine starke Seite.

KEVIN: Nein, hat's nicht.

(Jack dreht sich zu Kevin um, sieht ihn an und scheint zu verstehen.)

JACK: Okay.

(Kevin verläßt das Haus, schließt hinter sich die Tür und geht zum Haus der Coopers, das sich genau gegenüber auf der anderen Straßenseite befindet, hinüber. Winnie steht in der Einfahrt und verabschiedet sich gerade von Eric.)

ERIC: Mach's gut. Schlaf schön.

WINNIE: Du auch.

ERIC: Kevbo...

KEVIN: Ericbo...

ERIC: Du wolltest doch schlittschuhlaufen. Wo hast du gesteckt?

KEVIN: Ich war nicht da.

ERIC: Hey, willst du wissen, was Winnie über dich sagt?

KEVIN: Nein.

ERIC: Okay. Dann sehen wir uns in der Schule.

KEVIN: Ja.

(Eric geht und Kevin geht zu Winnie hinüber.)

WINNIE: Hallo.

KEVIN: Hallo.

WINNIE: Hallo. (Pause) Es ist kalt. Ich glaube, es wird noch schneien.

KEVIN: Ja. (Pause) Winnie, was soll das werden?

WINNIE: Was meinst du denn?

KEVIN: Was wird das mit Eric?

WINNIE: Wir waren schlittschuhlaufen. Es macht Spaß, mit ihm zu reden. Er ist nur ein Freund.

KEVIN: Und was ist mit Kirk?

WINNIE: Mit dem ist Schluß.

KEVIN: Ja, ich hab gesehen, wie sehr du Schluß gemacht hast. Vorhin im Flur.

WINNIE: Oh. Ich weiß nicht. Ich glaube, das hätt' ich lassen sollen.

KEVIN: Du weißt nicht?

WINNIE: Sag mir, wieso du dich da eigentlich einmischst!

KEVIN: Äh, ich bin dein Freund, deswegen.

WINNIE: Wenn du mein Freund bist, wieso benimmst du dich dann so?

KEVIN: Na wie denn?

WINNIE: Na - ach, ich weiß auch nicht.

(Schweigen)

KEVIN: Winnie, sei deshalb nicht sauer. (Pause) Ich muß dich etwas fragen.

WINNIE: Was?

KEVIN: Ich will wissen, ob du mich magst oder nicht. Ich will jetzt nicht wieder diesen "gern haben gern haben"-Krempel hören.

So. Es war raus. Eine ganz direkte Ja-oder-Nein-Frage, von Mann zu Frau. Jetzt würd' ich stehenbleiben, bis ich eine Antwort kriegte.

WINNIE: Ich weiß es nicht.

KEVIN: "Ich weiß es nicht"! Du weißt es nicht? Was soll das bedeuten?

WINNIE: Das bedeutet: Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht! Das beste ist, ihr laßt mich alle in Ruhe. Ich weiß nicht, was ich machen soll.

Das war mir völlig neu. Bisher hatte ich angenommen, Mädchen wüßten immer ganz genau, was sie wollen, wüßten wo's lang geht, hätten einen Plan. Aber vielleicht lag ich falsch. Vielleicht waren sie genauso durcheinander wie wir. Ist das nicht toll! Das...das ist furchtbar. Sie wissen es also auch nicht. Dann weiß es ja keiner!

KEVIN: Du meinst, du weißt es wirklich nicht?

WINNIE: Nein.

KEVIN: Oh. (Pause) Entschuldige.

WINNIE: Wofür?

KEVIN: Ich weiß es auch nicht.

An diesem kalten Abend, auf Winnies Terrasse, merkte ich zum ersten Mal nach langer Zeit, daß Winnie und ich genau das gleiche empfanden. Wir fühlten uns beide so richtig...mieserabel.

WINNIE: Kevin.

(Winnie hatte sich währenddessen auf eine Bank gesetzt und legt nun die Hand auf den freien Platz links neben ihr. Kevin setzt sich zu ihr.)

KEVIN: Was?

WINNIE: Kennst du das Lied?

KEVIN: Welches Lied?

WINNIE: Von den zehn kleinen Negerlein.

KEVIN: Wie kommst du denn darauf?

WINNIE (singt): "Da waren's nur noch zwei." (Pause) Komm Kevin, lach schon.

KEVIN: Tu ich ja. (lacht aber nicht)

WINNIE: Ach ja.

KEVIN: Naja, mag sein, daß ich nicht lache lache, aber ich lache.

Na schön, Winnie. "Da waren's nur noch zwei." Na, wir werden sehen.

(Die Kamera steigt immer höher und entfernt sich von Kevin und Winnie, die auf der Bank sitzenbleiben. Die letzte Zeilen des Hintergrundsongs lauten:
"Someday, we'll be together"
"Say it, say it, say it, say it again"
"Someday we'll be together")

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07/17/01 19:15